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HBS Böckler Impuls

Verteilung: Vermögen: Frauen fallen weiter zurück

Ausgabe 16/2010

Männer haben deutlich mehr Vermögen als Frauen. Im Lauf des vergangenen Jahrzehnts ist der Abstand noch gewachsen.

Im Schnitt besaßen Männer in Deutschland 2007 gut 108.000 Euro - 38.000 Euro mehr als Frauen. Seit 2002 hat sich die Vermögensschere zwischen den Geschlechtern noch einmal geöffnet. Damals hatte der durchschnittliche Mann  rund 23.000 Euro mehr. Die reale Verteilung der Vermögen bildet dieser Durchschnitt zwar nur zum Teil ab. Das zeigt schon der Blick auf den Median, der die reichere Hälfte der Bevölkerung von der ärmeren trennt. Mit lediglich rund 20.000 Euro lag der mittlere Wert beim Vermögen der Männer weitaus niedriger. Der Rückstand der Frauen ist aber in dieser Betrachtungsweise sogar noch ausgeprägter: Ihr Medianvermögen betrug nur gut 12.000 Euro.

Auch zwischen West- und Ostdeutschland wuchs die Vermögenskluft. Denn über einen deutlichen Zuwachs konnten sich allein westdeutsche Männer freuen: Ihr Vermögen stieg auf durchschnittlich gut 126.000 Euro. West-Frauen steigerten ihren Besitz nur geringfügig. In Ostdeutschland büßten  beide Geschlechter an Vermögen ein, Männer stärker als Frauen. Mit weniger als 7.000 Euro ist der geschlechtsspezifische Vermögensabstand im Osten relativ klein - allerdings auf niedrigem und sogar sinkenden Niveau, zeigen Joachim Frick und Markus Grabka vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW).

Die Forscher haben in einem von der Hans-Böckler-Stiftung geförderten Projekt die individuellen Nettogesamtvermögen von Erwachsenen verglichen. "Netto" heißt: Verschiedene Vermögenskomponenten wie Geld, Aktien oder Immobilien werden addiert, Schulden abgezogen. Die Daten stammen aus dem Sozio-oekonomischen Panel, einer großen Wiederholungsbefragung, die Zahlen für 2002 und 2007 liefert. Eine derart vollständige Vermögensrechnung gab es zuletzt in den 1980er-Jahren.

Ein zentrales Ergebnis: Zwischen 2002 und 2007 hat das reichste Zehntel der Bevölkerung seinen Anteil am Gesamtvermögen auf mehr als 61 Prozent ausgebaut. Dagegen besaßen die weniger wohlhabenden 70 Prozent 2007 nur knapp neun Prozent. Die Wissenschaftler sind überzeugt, dass der Trend auch über die Wirtschaftskrise hinaus Bestand hat: "Grosso modo ist davon auszugehen, dass auch langfristig die Vermögensungleichheit in Deutschland mit großer Wahrscheinlichkeit weiter zunehmen wird", schreiben sie in ihrer Studie, die kürzlich als Buch erschienen ist.

Der Vermögensabstand zwischen den Geschlechtern ist eine Ausprägung dieser Polarisierung. Die Unterschiede beschreiben die Wissenschaftler so: Erstens halten Männer häufiger bestimmte Vermögenskomponenten wie Geld, Versicherungen und insbesondere Betriebsvermögen. Produktionsmittel zu besitzen "ist eine Männerdomäne", betonen Frick und Grabka. Auf eine Frau mit Betriebsvermögen kommen drei Männer - allerdings verfügt auch bei ihnen mit 6,8 Prozent nur eine kleine Minderheit darüber. Zweitens ist auch die durchschnittliche Höhe aller Vermögenskomponenten bei Männern höher als bei Frauen. Der Abstand ist wiederum bei den Betriebsvermögen am markantesten: Männer haben im Schnitt 17.000 Euro, Frauen lediglich 3.000 Euro.

Männliche wie weibliche Singles besitzen im Schnitt am wenigsten. Nicht überraschend, weil diese Gruppe vergleichsweise jung ist und viele Berufseinsteiger umfasst. Umso erstaunlicher finden es die Forscher, dass auch bei den Ledigen die Frauen hinterherhinken: Mit 28.000 Euro haben sie 19.000 Euro weniger als die Männer. Im Laufe des Erwerbslebens wirkt sich dann aus, dass Männer oft mehr verdienen und seltener Teilzeit arbeiten oder ganz bei der Familie bleiben. Folge: Das höchste Vermögen besitzen zwar bei beiden Geschlechtern Verheiratete und Verwitwete, also eher ältere Semester. Zugleich ist der Unterschied aber am größten: So hatten verheiratete Männer 2007 im Mittel 144.000 Euro - rund 55.000 Euro mehr als verheiratete Frauen.

Schulden haben gut 36 Prozent der Männer und gut 30 Prozent der Frauen. Auch die durchschnittlichen Verbindlichkeiten der Männer sind höher als die der Frauen. Besonders groß ist dieser Unterschied bei Geschiedenen - aus Sicht der Forscher zeigt das, dass bei einer Trennung auch die Männer deutliche finanzielle Einbußen erleiden. Doch auch hier gilt: Wegen ihrer insgesamt niedrigeren Bruttovermögen stellen selbst die relativ niedrigen Schulden für die Frauen eine höhere Belastung dar. Unter dem Strich, beim Nettovermögen, besitzen geschiedene Männer mit 81.000 Euro doppelt so viel wie geschiedene Frauen.  

  • Die Spreizung der Vermögen in Deutschland hat im vergangenen Jahrzehnt deutlich zugenommen. Das zeigt sich auch beim Blick auf Frauen und Männer in West- und Ostdeutschland: Westdeutsche Männer haben ihren Besitz deutlich gesteigert. Die Habe von westdeutschen Frauen stagnierte. Im Osten erlitten Männer und Frauen deutliche Einbußen. Zur Grafik

Joachim R. Frick, Markus M. Grabka, Richard Hauser: Die Verteilung der Vermögen in Deutschland, Edition Sigma Berlin, 2010.

weitere Infos zum Thema
Vermögens- und Einkommensverteilung in Deutschland; Projekt der Forschungsförderung

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