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HBS Böckler Impuls

Verteilung: Ungleichheit kostet Lebensjahre

Ausgabe 09/2016

Reiche Amerikaner leben deutlich länger als arme. Die Lebenserwartung der Armen hängt zudem stark davon ab, in welcher Stadt sie wohnen. Auch in Deutschland beeinflusst das Einkommen die Lebenserwartung.

Wer wenig verdient, stirbt früher – diesen Zusammenhang haben Wissenschaftler in einer groß angelegten Studie für die USA nachgewiesen. Die Forscher – unter anderem aus Stanford, Harvard und vom MIT – haben dazu Daten der Sozialversicherung und der Steuerbehörden der Jahre 1999 bis 2014 ausgewertet. Die wichtigsten Ergebnisse:

  • Der Unterschied in der Lebenserwartung zwischen dem ärmsten und dem reichsten Prozent der Einkommensverteilung lag im Untersuchungszeitraum bei fast 15 Jahren für Männer und 10 Jahren für Frauen. Während die reichen Männer im Schnitt 87,3 Jahre alt wurden, lebten die armen 72,7 Jahre. Die wohlhabenden Frauen brachten es auf 88,9 Jahre, die einkommensschwachen Frauen starben im Schnitt nach 78,8 Jahren.
  • Die Lebenserwartung ist insgesamt gestiegen, allerdings ist der Anstieg höchst ungleich verteilt: Eine 40-jährige Frau aus den oberen fünf Prozent lebt heute 2,9 Jahre länger als 15 Jahre zuvor, Männer dürfen 2,3 Lebensjahre mehr erwarten. Dagegen ist die Lebenserwartung bei Frauen aus den unteren fünf Prozent gerade mal um 0,3 Jahre gestiegen, bei Männern um 0,04 Jahre.
  • Die Länge des Lebens unterscheidet sich deutlich, je nachdem in welcher Gegend die Menschen wohnen – das gilt vor allem für die Armen. Wer in Kalifornien oder New York arm ist, darf auf ein längeres Leben hoffen als Arme in ehemals industriell geprägten Regionen des Mittleren Westens. In Detroit beispielsweise sterben Männer aus dem unteren Viertel der Verteilung fast fünf Jahre früher als in New York.

Die Lebenserwartung der ärmsten Amerikaner sei vergleichbar mit der von Menschen im Sudan und in Pakistan, schreiben die Wissenschaftler. Aber die Ergebnisse zeigten auch, dass sich an den Zuständen etwas ändern lässt: Schließlich gebe es von New York bis San Francisco überall in Amerika Städte, in denen die Unterschiede zwischen Arm und Reich bei der Lebenserwartung vergleichsweise klein sind oder sich im Laufe der Zeit verringert haben. Die Wissenschaftler führen dies auf eine gesündere Lebensweise, eine bessere Sozialversorgung und besser funktionierende Schulen in bestimmten Regionen zurück. Sie fordern gezielte Maßnahmen, um die Gesundheit der Armen in Städten wie Las Vegas, Oklahoma City oder Detroit zu verbessern.

Auch in Deutschland steigt die Lebenserwartung mit dem Einkommen: Dem Robert Koch-Institut (RKI) zufolge beträgt der Abstand zwischen dem ärmsten und dem reichsten Fünftel rund zehn Jahre. Das Fazit der RKI-Studie: „Neben einem niedrigen Einkommen sind eine niedrige Bildung und ein niedriger beruflicher Status mit einem höheren Mortalitätsrisiko und einer geringeren Lebenserwartung assoziiert.“

  • Reiche Amerikaner leben deutlich länger als arme. Zur Grafik

Raj Chetty u.a.: The Association Between Income and Life Expectancy in the United States, 2001–2014, Journal of the American Medical Association, April 2016

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