Quelle: HBS
Böckler ImpulsLöhne: Tarifvertrag schafft Einheit
Gleiche Löhne in Ost und West gibt es nur mit höherer Tarifabdeckung.
25 Jahre nach Unterzeichung des Einigungsvertrags ist die innere Einheit bei den Tariflöhnen fast erreicht: Im Schnitt sehen die ostdeutschen Tarifverträge Vergütungen vor, die nur noch drei Prozent unter denen im Westen liegen. Im öffentlichen Dienst, bei Banken und Versicherungen, in der Eisen- und Stahlindustrie, in der Druckindustrie oder im Brandenburger Einzelhandel unterscheidet sich das Tarifniveau nicht mehr von dem der alten Länder. Die ostdeutsche Chemieindustrie kommt auf 97, die Bauwirtschaft auf 92 Prozent der entsprechenden Westwerte, wie eine Auswertung des WSI-Tarifarchivs zeigt.
Bei den tatsächlich gezahlten Löhnen, den Effektivlöhnen, hinkt der Osten allerdings weiter deutlich hinterher, erläutert Tarifarchiv-Chef Reinhard Bispinck: Werden auch die Unternehmen berücksichtigt, die nicht nach Tarif zahlen, wächst die Lücke auf 17 Prozent. Das liegt vor allem an der geringeren Verbreitung von Tarifverträgen in den östlichen Ländern. Hier sei die „Prägekraft“ der Tarife viel geringer als im Westen und habe in jüngerer Zeit sogar noch abgenommen.
Eine weitere Angleichung der Arbeits- und Einkommensbedingungen setzt nach Auffassung des WSI-Experten zwingend eine „Revitalisierung des Tarifvertrages und des gesamten Tarifsystems voraus“. Dabei seien die Einführung des gesetzlichen Mindestlohnes und die verbesserten Möglichkeiten, Tarifverträge allgemeinverbindlich zu erklären, eine wichtige Hilfe.
Zu tun bleibt aber auch bei den Tarifverträgen selbst noch einiges: Zwar liegt die Grundvergütung im Osten heute oft nah am Westniveau. Die Unterschiede bei Arbeitszeit, Urlaub oder Weihnachtsgeld sind jedoch zum Teil erheblich. So belief sich die durchschnittliche tarifliche Wochenarbeitszeit Ende 2014 auf 38,7 Stunden im Osten und 37,5 Stunden im Westen.