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Tarif beschert Weihnachtsgeld Böckler Impuls

Löhne: Tarif beschert Weihnachtsgeld

Ausgabe 18/2019

Etwa die Hälfte der Beschäftigten in Deutschland bekommt laut einer Auswertung des WSI Weihnachtsgeld. In tarifgebundenen Betrieben sind es über drei Viertel.

53 Prozent der Arbeitnehmer in Deutschland können sich über die Zahlung eines Weihnachtsgeldes freuen. Das zeigt eine aktuelle Auswertung des vom WSI betreuten Internetportals lohnspiegel.de, das zwischen Anfang 2018 und Oktober 2019 mehr als 139000 Beschäftigte online befragt hat. „Am höchsten stehen die Chancen auf ein Weihnachtsgeld, wenn das Unternehmen an einen Tarifvertrag gebunden ist“, so WSI-Forscher Thorsten Schulten. 76 Prozent der Beschäftigten mit Tarifvertrag wird eine Sonderzahlung am Jahresende zuteil, verglichen mit nur 42 Prozent in tariflosen Betrieben. „Wenn der Tarifvertrag fehlt“, so Schulten, „sind die Beschäftigten demnach oft gleich doppelt benachteiligt: Zum einen erhalten sie im Durchschnitt einen deutlich niedrigeren Monatslohn, zum anderen gehen sie am Jahresende oft leer aus.“

 

Der WSI-Forscher beobachtet deshalb den Rückgang der Tarifbindung mit Sorge. Zuletzt arbeiteten im Westen nur noch 56 Prozent, im Osten 45 Prozent der Beschäftigten in einem Betrieb mit Tarifvertrag. „Viele Arbeitgeber ohne Tarifbindung erklären zwar in Umfragen, sich am Tarifvertrag zu orientieren. Aber beim Weihnachtsgeld tun das offensichtlich nur wenige“, erklärt Schulten. „Und selbst wenn tariflose Arbeitgeber Weihnachtsgeld zahlen, entspricht dessen Höhe nicht notwendigerweise dem tariflichen Anspruch.“

 

Dass der Anteil der Beschäftigten, die eine Extrazahlung zum Fest erhalten, in den neuen Bundesländern mit 41 Prozent deutlich geringer ist als in Westdeutschland mit 56 Prozent, dürfte laut dem WSI-Experten auch mit den Unterschieden bei der Tarifbindung zusammenhängen. Ähnliches gilt für das Geschlecht: Frauen kommen zu 50 Prozent in den Genuss von Weihnachtsgeld, Männer zu 55 Prozent. Ein wichtiger Grund: In Branchen mit hohem Frauenanteil wie dem Einzelhandel ist die Tarifbindung in den letzten Jahren besonders stark zurückgegangen. Vollzeitbeschäftigte werden zu 56 Prozent mit einer Sonderzahlung bedacht, Teilzeitbeschäftigte zu 45 Prozent.

 

Insgesamt sehen in den meisten Wirtschaftszweigen die geltenden Tarifverträge ein Weihnachtsgeld vor. Laut einer aktuellen Auswertung des WSI-Tarifarchivs von 23 großen Branchen wird das Weihnachtsgeld überwiegend als fester Prozentsatz vom Monatseinkommen berechnet. In den Branchen, in denen in diesem Jahr Lohnerhöhungen vereinbart wurden, sind auch die tariflichen Weihnachtsgelder entsprechend gestiegen. Ein vergleichsweise hohes Extra bekommen unter anderem die Beschäftigten im Bankgewerbe, in der Süßwarenindustrie, in der chemischen Industrie, in der Druckindustrie, in der Papierindustrie sowie in der westfälischen Textilindustrie, die 95 bis 100 Prozent eines Monatseinkommens zahlen. Zu den wenigen großen Wirtschaftszweigen, deren Beschäftigte leer ausgehen, gehört aktuell noch das Gebäudereinigerhandwerk. Für die Tarifrunde 2020 haben sich die Tarifvertragsparteien jedoch verpflichtet, über einen Tarifvertrag zum Weihnachtsgeld zu verhandeln

  • Am höchsten stehen die Chancen auf ein Weihnachtsgeld, wenn Betriebe tarifgebunden sind. Zur Grafik

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