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HBS Böckler Impuls

Studium: Staat schafft kaum sozialen Ausgleich

Ausgabe 11/2008

Der Staat unterstützt Studierende - aber nicht nach Bedürftigkeit. Studierende aus der Oberschicht erhalten fast genau so viel Geld vom Staat wie ärmere Hochschüler.

Studierende mit wenig Geld werden vom Staat gefördert - jedoch nur unwesentlich besser als andere. Wer während des Studiums bei seinen Eltern wohnt, bekommt jährlich im Schnitt 4.669 Euro vom Staat. Kinder gut betuchter Eltern schneiden aber kaum schlechter ab, sie erhalten nur knapp 150 Euro weniger. Wenn die Hochschüler eine eigene Wohnung haben, beträgt die Differenz auch nur 600 Euro pro Jahr. Zu diesem Ergebnis kommt eine Berechnung der Hochschul-Informations-System GmbH (HIS). Die Forscher des HIS haben alle Transfers und Vorzugsbehandlungen aufgelistet, mit denen der Staat Studierenden und ihren Eltern unter die Arme greift. Zwar zielen einige staatliche Unterstützungen wie das BAföG darauf ab, soziale Ungleichheiten zu relativieren. Doch zugleich gibt es unabhängig vom sozialen Status gewährte Hilfen, wie etwa Subventionen für die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung, für das Semesterticket und die Mensa.

Außerdem unterstützt der Staat auch die Eltern der Studierenden, indem er ihnen länger Kindergeld zahlt und Steuererleichterungen wie den Ausbildungsfreibetrag gewährt. Beides kommt vor allem einkommensstarken Familien zu Gute.

Großbritannien, die Niederlande und Spanien unterstützen - anders als Deutschland und Tschechien - besonders ärmere Studierende. Das macht ein Ländervergleich deutlich, zu dem das HIS den deutschen Beitrag lieferte. Allerdings gibt es in Europa auch die gegenteilige Praxis. In Norwegen bekommen wohlhabende Jungakademiker, die zu Hause leben, sogar mehr als Ärmere. In Norwegen bestehen die staatlichen Hilfen aus einer Kombination von Stipendium und Darlehen. Weil junge Menschen aus ärmeren Schichten mehr Angst vor Schulden haben und darum seltener Kredite aufnehmen, profitieren sie weniger von der staatlichen Unterstützung, erklären norwegische Forscher.

Jährlich werden in Deutschland insgesamt etwa 30 Milliarden Euro für die akademische Bildung ausgegeben, etwas mehr als die Hälfte davon aus öffentlichen Haushalten. Von den staatlichen Ausgaben geht jedoch nur ein vergleichsweise geringer Teil direkt an die Universitäten und Fachhochschulen. Im internationalen Durchschnitt bekommen die Hochschulen 80 Prozent der Ausgaben, in Deutschland aber gerade mal 58 Prozent. Entsprechend hoch fällt der Anteil aus, den Privathaushalte beziehen. Ebenfalls besonders auffällig ist der hohe Anteil, den die Eltern der Studierenden empfangen. Das unterstreiche, so das HIS, dass Studierende in Deutschland im Gegensatz zu anderen Ländern als von ihren Eltern unterhaltsrechtlich abhängige Personen betrachtet werden.

  • Ein Teil der öffentlichen Bildungs-Förderung gleicht die sozialen Unterschiede aus – ein anderer verstärkt sie jedoch. Zur Grafik
  • Der deutsche Staat gibt im internationalen Vergleich viel Geld für das Studium an Privathaushalte. Reiche wie arme Studenten bekommen fast gleich viel. Zur Grafik

Astrid Schwarzenberger (Ed.): Public / private funding of higher education: a social balance (pdf), in: HIS: Forum Hochschule 5/2008 

Astrid Schwarzenberger, Christoph Gwosc: Kostenaufteilung für Hochschulbildung (pdf), in: HIS-Magazin 5/2008

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