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HBS Böckler Impuls

Bildung: Schulen geht das Personal aus

Ausgabe 02/2009

In den kommenden Jahren droht ein Lehrermangel. Die Hochschulen bilden zu wenig Pädagogen aus, die Aufteilung des Studiums in Bachelor und Master erschwert den Weg in den Beruf.

Aufgrund der Konjunkturpakete sind bald lang benötigte Investitionen in Schulgebäude möglich. "Der Renovierungsbedarf an den Schulen in Deutschland ist gigantisch", sagt Klaus Klemm, emeritierter Professor für Bildungsplanung der Universität Essen-Duisburg. Die Atmosphäre des Lernens wird sich also an einigen Orten verbessern - ob das auch für die Betreuung der Schüler gelten wird, bezweifelt der Bildungsforscher jedoch. Denn Deutschlands Schulen droht in zahlreichen Unterrichtsfächern ein dauerhafter Lehrermangel, und der ist nicht wie in der Vergangenheit mit den jährlichen Schwankungen der Zahl der Lehramts-Studierenden und der offenen Stellen zu erklären. Der sich ankündigende Lehrermangel hat strukturelle Ursachen, wie Klemm analysiert.

Zu wenig Studierende. Die Zahl der angehenden Lehrer an der Universitäten reicht bei weitem nicht für den künftigen Personalbedarf der Schulen, so Klemm. Es nehmen zwar mehr Abiturienten ein Lehramtsstudium auf als später benötigt werden. Doch bis zu 40 Prozent gelangen nicht bis in die Schulen: weil sie ihr Studium abbrechen, nach dem ersten Staatsexamen auf das Referendariat verzichten oder nach dem zweiten Staatsexamen nicht den Lehrerberuf ergreifen. Mit der Aufteilung des Studiums in Bachelor und Master ist eine zusätzliche Hürde dazugekommen, kritisiert der Bildungsforscher. Derzeit ist völlig unklar, ob die Hochschulen allen Bachelor-Absolventen den Zugang zu Master-Studiengängen und damit den Abschluss des Lehrerstudiums ermöglichen werden. Möglicherweise verschärft das in einigen Jahren die Personalprobleme an Schulen und führt heute junge Leute in eine Sackgasse.

Zu wenig Geld. Das Konjunkturpaket enthält zwar Investitionen in Gebäude, aber kein Geld für neue Lehrer. Durch Steuersenkungen und wachsenden Schuldendienst könnte das Bildungsbudget künftig knapper werden, warnt Klemm. Das Bildungswesen würde zu den Leidtragenden der Finanzkrise gehören - sofern nicht die Bereitschaft entsteht, einen größeren Anteil des staatlichen Budgets für das Personal von Kindertagesstätten, Schulen und Universitäten auszugeben.

Der Wissenschaftler hat berechnet, wie viele Fachkräfte in diesen Einrichtungen 2015 gebraucht werden. Aufgrund des Geburtenrückgangs gibt es dann weniger schulpflichtige Kinder und Jugendliche. Dem Staat fällt eine so genannte Demografie-Rendite zu. Er kann das zahlenmäßige Verhältnis von Lehrern zu Schülern konstant halten und dennoch Geld sparen. Bis zur Wirtschaftskrise ging Klemm davon aus, dass deshalb der Betreuungsschlüssel zumindest geringfügig besser wird - sofern es denn qualifizierte Kandidaten gibt. Ein weiterer Teil der Demografie-Rendite könnte im Bildungswesen bleiben und für den Ausbau der öffentlichen Betreuung von Kleinkindern eingesetzt werden. Bund und Länder wollen die Betreuungsquote für Kinder bis drei Jahre mehr als verdoppeln, bis 2013 auf 35 Prozent. Darum werden in diesem Segment laut Klemm über 100.000 zusätzliche Stellen entstehen. Das Versorgungsniveau für Drei- bis Sechsjährige braucht dagegen nicht mehr ausgebaut werden, allerdings müsse der Ausbau ganztägiger Angebote vorangetrieben werden. Auch verändern sich die Anforderungen. Kindergärten bekommen einen zunehmend größeren Bildungsauftrag, also müssen Fachkräfte mit einem Studium vorbereitet werden, etwa auf die frühe Sprachförderung.

  • In allen Abschnitten des Bildungswesens ist der Personalbedarf groß. Zur Grafik

Klaus Klemm: Der Fachkräftemangel im Bildungswesen, Vortrag im Rahmen der DGB-Veranstaltung "Neue Bildung für das Land" am 20. Oktober 2008 in Berlin

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