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HBS Böckler Impuls

Finanzpolitik: Schlechter Zeitpunkt für Steuersenkungen

Ausgabe 08/2017

Der Staat kann in den kommenden Jahren mit steigenden Einnahmen rechnen. Darauf mit Steuersenkungen zu reagieren, wäre allerdings riskant.

 

Der neuen Steuerschätzung des IMK zufolge werden Bund, Länder und Gemeinden 2017 insgesamt knapp 720 Milliarden Euro einnehmen, zwei Prozent mehr als im vergangenen Jahr. Für das Jahr 2018 erwarten die Forscher gut 751 Milliarden Euro, 2021 werden es 835 Milliarden sein. Dabei gehen sie davon aus, dass die deutsche Wirtschaft dank der robusten Binnennachfrage weiter deutlich wachsen wird.

Die öffentliche Hand sei nach langer Zeit wieder fiskalisch „handlungsfähig“, betonen die IMK-Steuerexpertin Katja Rietzler, der Berliner Wirtschaftsprofessor Achim Truger von der Hochschule für Wirtschaft und Recht und die Berliner Steuer- und Finanzfachleute Birger Scholz und Dieter Teichmann. Das sei auch das Ergebnis einer „vorsichtigen Steuer(entlastungs)­­­politik der kleinen Schritte in den letzten zehn Jahren“. Die Ökonomen warnen davor, die Stabilität der öffentlichen Haushalte in politisch schwierigen Zeiten leichtfertig zu verspielen.

Dieses Risiko sehen sie mit Blick auf derzeit kursierende Vorschläge für umfangreiche Steuersenkungen. Die Wissenschaftler haben durchkalkuliert, welche Folgen das Steuerkonzept der CDU-Mittelstandsvereinigung – der aktuell konkreteste Vorschlag – und eine Abschaffung des Solidaritätszuschlages für die Staatsfinanzen hätten. Den Berechnungen zufolge würde das CDU-Konzept im kommenden Jahr staatliche Mindereinnahmen von knapp 7 Milliarden Euro verursachen, 2021 wären es gut 42 Milliarden. Eine Abschaffung des Solidaritätszuschlages würde 2021 mit weiteren 20 Milliarden Euro zu Buche schlagen.

Selbst unter günstigen konjunkturellen Rahmenbedingungen würden die öffentlichen Haushalte also stark belastet. Die Forscher warnen, dass dann „mit neuen Kürzungsdebatten zu rechnen wäre, während gleichzeitig zentrale Ausgabenbedarfe, vor allem bei den öffentlichen Investitionen, vernachlässigt würden“. Das wäre erst recht der Fall, wenn sich das Wirtschaftswachstum abschwächen würde. Die Schuldenbremse zwänge den Staat zu Einsparungen, die wiederum das weitere Wachstum schwächen, rechnen die Experten vor. „Damit erwiesen sich die Steuersenkungen nicht nur als verteilungspolitisch und fiskalisch problematisch, sondern zusätzlich noch als makroökonomisch destabilisierend.“

 

Katja Rietzler, Birger Scholz, Dieter Teichmann, Achim Truger: IMK-Steuerschätzung 2017-2021. Staatliche Handlungsfähigkeit nicht aufs Spiel setzen (pdf), IMK-Report Nr. 126, Mai 2017
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