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HBS Böckler Impuls

Altersvorsorge: Riester-Sparen schwächt Wirtschaft

Ausgabe 18/2009

Die kapitalgedeckte Altersvorsorge in Form der Riester-Rente soll zukünftigen Rentnern weiterhin eine auskömmliche Rente ermöglichen. Das traditionelle Umlagesystem der gesetzlichen Rente schafft dies jedoch besser.

Die Deutschen werden immer älter, die Ausgaben für Renten, Pflege und Gesundheit steigen immer weiter. Ziel der Rentenreformen der Jahre 2000 bis 2007 war es daher, die höheren Kosten aufzufangen - und zwar mit Hilfe einer kapitalgedeckten Zusatzrente. Dieser Ansatz ist jedoch nicht effektiv, zeigt eine Analyse des IMK. Er belastet die Beschäftigten stärker, und auch gesamtwirtschaftlich gesehen wäre es besser gewesen, die Vorzüge der gesetzlichen Rente zu bewahren.

Erklärtes Ziel der zurückliegenden Rentenreformen war es, die Beitragssätze zur gesetzlichen Rentenversicherung trotz einer steigenden Zahl älterer Menschen die Marke von 22 Prozent bis zum Jahr 2030 nicht überschreiten zu lassen. Das Rentenalter wird dafür schrittweise heraufgesetzt, das Rentenniveau wurde gesenkt und die Formel zur Rentenberechnung geändert.

Die staatlich geförderte Riester-Rente, die Beschäftigte ohne Beteiligung der Arbeitgeber privat ansparen, soll das in Zukunft niedrigere Rentenniveau ausgleichen. Diese Reformen folgten Argumenten, die zum Beispiel die Weltbank vertritt. Sie empfiehlt in der Rentenpolitik zumindest einen Teilumstieg, weil sie davon ausgeht, dass bei einer Kapitaldeckung eine höhere Rendite zu erzielen sei.
Für die künftigen Rentner ist die Riester-Rente als Zusatzvorsorge nicht unproblematisch, stellt das IMK fest: Zwar bleibt der Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung mit 22 Prozent stabil. Doch weil die Arbeitgeber sich an den darüber hinaus anfallenden Kosten nicht beteiligen, müssen die Beschäftigten das fehlende Geld über eigene Ersparnisse ausgleichen.

Einschließlich der Beiträge zur Riester-Rente sollen Arbeitnehmer bis zu 15 Prozent ihres Bruttoeinkommens für ihre Altersvorsorge aufwenden - 11 Prozent als hälftiger Beitrag zur gesetzlichen Rente sowie 4 Prozent für die private Vorsorge. Ohne die Rentenreformen wäre die Belastung für die Beschäftigten geringer. Der Sachverständigenrat für die Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung geht davon aus, dass der Beitragssatz ohne Reformen bis zum Jahr 2030 auf knapp 25 Prozent steigen müsste. Der Anteil der Arbeitnehmer wäre dann also mit 12,5 Prozent deutlich geringer.

Auch die Annahme, die private Altersvorsorge erziele höhere Renditen, ist aus Sicht der IMK-Forscher problematisch. Denn die gemeinhin angenommene durchschnittliche Verzinsung von vier Prozent würde bedeuten, dass Kapitaleinkommen dauerhaft stärker wachsen als Löhne und Gehälter. Solch eine deutliche Umverteilung sei langfristig nicht durchzuhalten. Gerade die ungleiche Verteilung sei eine der Wurzeln der Weltwirtschaftskrise.

Zudem hemmt das Umschwenken von Umlagefinanzierung auf Kapitaldeckung das gesamtwirtschaftliche Wachstum. Das IMK spielte die Entwicklung wirtschaftlicher Eckdaten mit und ohne Einführung der Riester-Rente anhand von Modellrechnungen durch. Die Ergebnisse: Im Zuge der Rentenreformen stieg die Sparquote der privaten Haushalte um knapp einen Prozentpunkt, ihr Konsum schwächte sich um anderthalb Prozent ab. Das dämpfte die Wirtschaftsleistung innerhalb von sechs Jahren real um fast ein Prozent, das Beschäftigungsniveau um gut ein halbes Prozent.

Damit machte die vergleichsweise schlechte wirtschaftliche Entwicklung die "Einsparerfolge" des Staates bei den Aus-
gaben der Rentenversicherung wieder zunichte, so die Ökonomen. Für Deutschland - ein Land mit hoher privater Ersparnisbildung und notorischen Leistungsbilanzüberschüssen - sei das Kapitaldeckungsverfahren auch deshalb problematisch. Zudem ist es weitaus weniger krisenfest als umlagefinanzierte Systeme, wie die aktuelle Situation an den Finanzmärkten zeigt.

  • Belastung für Arbeitnehmer steigt: Ohne die Rentenreformen wäre die Belastung für die Beschäftigten geringer. Sie müssten für ihre Altersvorsorge weniger aufwenden. Zur Grafik
  • Noch entfallen vier Fünftel der Ausgaben für Alterssicherung auf die gesetzliche Rentenversicherung. Zur Grafik

Camille Logeay, Volker Meinhardt, Katja Rietzler, Rudolf Zwiener: Gesamtwirtschaftliche Folgen des kapitalgedeckten Rentensystems (pdf), IMK Report Nr. 43, November 2009

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