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Mehr Rechte für Betriebsräte Böckler Impuls

Gesundheitswirtschaft: Personalnot, belastende Arbeitszeiten und geringe Bezahlung

Ausgabe 16/2021

Das Gesundheitswesen steht vor einer Reihe von Herausforderungen. Schwierig ist die Lage der Beschäftigten: Die Arbeitsbedigungen sind oft nicht gut, die Personalnot ist groß.

Nicht erst seit der Coronakrise ist Gesundheit eines der zentralen Themen in Deutschland: Einigkeit herrscht darüber, wie wichtig ein gut funktionierendes Gesundheitswesen für die Gesellschaft ist. Auch die wirtschaftliche Bedeutung der stetig wachsenden Branche ist groß. Bei den Beschäftigten kommt davon jedoch wenig an. „Hohe Arbeitsbelastung, geringe Bezahlung, prekäre Beschäftigung, steigender Personalmangel und Arbeitgeberverbände, die sich der Tarifbindung entziehen und Verhandlungen verweigern, stehen im Kontrast zum Ziel der sozialen Nachhaltigkeit in der Branche“, heißt es im Branchenmonitor Gesundheitswirtschaft, den die Hans-Böckler-Stiftung in Auftrag gegeben hat. Der Branchenmonitor bietet einen Überblick zur Situation von Unternehmen und Beschäftigten. Die wichtigsten Fakten: 

  • „Die Zahl der Erwerbstätigen in der medizinischen Versorgung – ohne Arztpraxen – stieg von 3,9 Millionen im Jahr 2011 auf 4,6 Millionen im Jahr 2020. In der industriellen Gesundheitswirtschaft wuchs die Zahl der Erwerbstätigen im selben Zeitraum von 900 000 auf eine Million.
  • Rund 3,6 Millionen Erwerbstätige waren 2020 sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Teilzeit und geringfügige Beschäftigung prägen einen großen Teil der Arbeitsverhältnisse. Drei Viertel der Beschäftigten sind Frauen. Im Topmanagement ist der Frauenanteil weiterhin gering, im mittleren Management einigermaßen ausgeglichen.
  • Das Verhältnis von Einkommen und Leistung wird von Beschäftigten häufig als schlecht wahrgenommen. Die Arbeitsbedingungen sind geprägt durch Schichtarbeit, Überstunden sowie hohe körperliche und psychische Belastungen. Außergewöhnliche Ereignisse wie die Pandemie, aber auch die Renditeziele von Finanzinvestoren, führen zu weiterer Arbeitsverdichtung und Verschlechterung der Arbeitsbedingungen. Die durchschnittlichen Bruttostundenverdienste über alle Leistungsgruppen hinweg variieren stark zwischen Frauen mit 17,78 Euro und Männern mit 23,39 Euro. 
  • Die demografische Entwicklung wird in doppelter Hinsicht zur Herausforderung, da der Personalmangel auf einen steigenden Pflegebedarf trifft. Im Jahr 2030 werden in Deutschland laut Schätzung des Deutschen Krankenhausinstituts zusätzlich 187 000 Pflegevollkräfte gebraucht, die auf Krankenhäuser (63 000), stationäre Pflege (51 000) und ambulante Pflege (73 000) entfallen. Andere Experten schätzen die Personalnot sogar als noch größer ein.
  • Einen Tarifvertrag hatten im Jahr 2018 41 Prozent der Beschäftigten im Westen und 24 Prozent im Osten. Die Verhandlungsposition der Beschäftigten im Gesundheitswesen ist aufgrund des geringen gewerkschaftlichen Organisationsgrads und der Tatsache, dass Unternehmen versuchen, die Betriebsratsbildung zu behindern, schwierig.
  • Insgesamt stellt die Gesundheitsbranche eine der am wenigsten digitalisierten Branchen dar. Der digitale Transformationsprozess nimmt aber deutlich an Fahrt auf. Digitalisierung kann zu Zeitersparnis führen, an manchen Stellen aber auch zur Intensivierung der Arbeit.

Branchenmonitor Gesundheitswirtschaft, Mitbestimmungsportal, Hans-Böckler-Stiftung, Oktober 2021

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