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HBS Böckler Impuls

Deutsche Einheit: Osten liegt bei Löhnen und Tarifbindung zurück

Ausgabe 14/2019

Beschäftigte in Ostdeutschland verdienen bei gleicher Qualifikation 17 Prozent weniger als im Westen, zeigt eine WSI-Untersuchung. Ein wichtiger Grund ist die geringe Tarifbindung.

Auch fast 30 Jahre nach der Wiedervereinigung sind die Löhne in Ostdeutschland deutlich niedriger als in den alten Bundesländern. Insgesamt beträgt der Abstand rund 16,9 Prozent, wenn man Faktoren wie das Geschlecht, den Beruf oder die Berufserfahrung herausrechnet. Dies ergibt eine Auswertung von annähernd 175 000 Datensätzen des WSI-Portals Lohnspiegel.de.

Unterteilt man die Berufe nach dem Qualifikationsniveau, beträgt der Abstand bei fachlich ausgerichteten Tätigkeiten 17,4 Prozent. Hierzu gehören die meisten Ausbildungsberufe. Befragte, die nach ihrer betrieblichen Ausbildung eine kaufmännische Fortbildung durchlaufen oder eine weiterführende technische Qualifikation erworben haben, verdienen im Osten sogar 18,4 Prozent weniger als im Westen. In Berufen mit hochkomplexen Anforderungen, für die in der Regel ein Hochschulabschluss Voraussetzung ist, beträgt der Rückstand 15,4 Prozent. Noch etwas geringer sind die Unterschiede mit 14,4 Prozent bei Helfertätigkeiten, für die die Angaben aufgrund relativ kleiner Fallzahlen allerdings weniger verlässlich sind. Hier zeigt der Mindestlohn Wirkung, der in Ost und West identisch ist.

Auch zwischen den ostdeutschen Ländern gibt es ein merkliches Gefälle. In Brandenburg ist, auch aufgrund des prosperierenden Berliner Umlandes, der Rückstand gegenüber dem Westen mit 13,9 Prozent am geringsten. Schlusslicht ist der Freistaat Sachsen: Hier beträgt das Minus 18,2 Prozent.

Die geringere Verbreitung von Tarifverträgen ist nach Analyse des WSI neben Unterschieden in der Wirtschaftskraft ein wesentlicher Grund für den Gehaltsrückstand in den neuen Bundesländern. „Bei den Tariflöhnen haben die Gewerkschaften inzwischen eine weitgehende Angleichung zwischen Ost und West durchsetzen können“, sagt Malte Lübker, WSI-Experte für Tarif- und Einkommensanalysen. So lag das Tarifniveau in Ostdeutschland 2018 bei 97,6 Prozent des Westens, verglichen mit 91,9 Prozent im Jahr 2000. „Aber Tarifverträge können nur da wirken, wo sie auch verbindlich angewendet werden“, so Lübker. Nach Berechnungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung wurden 2018 nur 45 Prozent der ostdeutschen Beschäftigten nach einem Tarifvertrag bezahlt. Im Westen waren es hingegen 56 Prozent.

  • Im Osten verdienen Beschäftigte im Schnitt fast 17 Prozent weniger als im Westen. Zur Grafik

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