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Ökonom warnt vor drastischen Folgen Böckler Impuls

Energieembargo: Ökonom warnt vor drastischen Folgen

Ausgabe 09/2022

Eine neue Studie berechnet die Auswirkungen eines abrupten Versorgungsstopps bei russischem Erdgas sehr detailliert. Es drohen gravierende wirtschaftliche und soziale Schäden.

Ein plötzlicher Stopp von russischen Erdgaslieferungen würde die Produktion in Deutschland in den ersten zwölf Monaten um 114 bis 286 Milliarden Euro einbrechen lassen. Das entspräche einem Verlust von rund drei bis acht Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Zusätzlich zu diesen angebotsseitigen Effekten wäre mit einem nachfragebedingten Rückgang aufgrund höherer Energiepreise zu rechnen: Wenn die Menschen weniger für andere Güter ausgeben können und die Unsicherheit zunimmt, dürfte das die Wirtschaftsleistung um weitere zwei bis vier Prozent reduzieren. Im Basisszenario ist also damit zu rechnen, dass das BIP in den zwölf Monaten nach einem Lieferstopp bis zu zwölf Prozent niedriger ausfallen würde, als es bei ununterbrochener Lieferung von Gas der Fall wäre. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Ökonomen Tom Krebs von der Universität Mannheim, die das IMK gefördert hat. Ein wirtschaftlicher Einbruch auf dem Niveau des Corona-Jahres 2020 oder der Finanzkrise im Jahr 2009 sei zu erwarten, warnt der Forscher. Im schlimmsten Fall könne es zu einer Wirtschaftskrise kommen, „wie sie (West-)Deutschland seit dem Zweiten Weltkrieg nicht erlebt hat“. 

Die sozialen Folgen wären mit hoher Wahrscheinlichkeit gravierender als in den vergangenen Krisen, schätzt Krebs. Erstens stehe die deutsche Wirtschaft nach zwei Pandemie-Jahren ohnehin unter Stress. Zweitens könne die Wirtschafts- und Geldpolitik angesichts schon stark erhöhter Ausgaben und der hohen Inflation kaum gegensteuern. Ein deutlicher Anstieg der Arbeitslosigkeit wäre wahrscheinlich. Die Preisschocks bei Energie und Nahrungsmitteln träfen zudem überwiegend die unteren und mittleren Einkommen, sodass soziale Spannungen verschärft würden.

Krebs betrachtet in seiner Untersuchung insbesondere sogenannte „Kaskaden-“ oder „Zweitrundeneffekte“, die in vielen anderen Modellen zu den Auswirkungen eines Energieembargos zu kurz kommen. Diese Effekte ergeben sich, wenn Schlüsselindustrien ihre Produktion deutlich herunterfahren oder ganz einstellen müssen und anderen Branchen dann zentrale Vorprodukte fehlen, was den volkswirtschaftlichen Schaden drastisch erhöht. 

Die Botschaft des Mannheimer Ökonomen: Ein unvermitteltes Ende von russischen Erdgaslieferungen wäre hochriskant. Sich in einem überschaubaren Zeitraum bis 2025 aus der Abhängigkeit zu befreien, wie es die Bundesregierung vorhat, sei dagegen viel besser handhabbar.

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