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HBS Böckler Impuls

Konjunktur: Ohne Investitionen weniger Wachstum

Ausgabe 19/2007

Die großzügige Unternehmensteuerreform 2001 und die ausgeprägte Lohnzurückhaltung der vergangenen Jahre sollten Deutschland einen Investitionsboom bescheren. Doch niedrigere Einkommen schwächten die Nachfrage - und damit die Absatzerwartungen der Unternehmen.

Auch wenn im aktuellen Aufschwung die Wirtschaft und neuerdings auch der Staat wieder stärker investieren: Die Bundesrepublik hat ein ernstes Investitionsproblem. Sowohl bei den öffentlichen als auch bei den privaten Investitionen stellt das IMK "ein merkliches Zurückbleiben Deutschlands seit 1991 im historischen wie im internationalen Vergleich" fest. Dabei spielen der Kauf neuer Maschinen und der Bau neuer Gebäude eine Schlüsselrolle in Sachen Wirtschaftswachstum - und das gleich zweimal: Sie stärken die Konjunktur in der Gegenwart, weil Investitionsgüter nachgefragt werden. Neue Produktionskapazitäten können sich aber auch positiv auf das Wachstum und damit die Beschäftigung der Zukunft auswirken. "Soll die Arbeitslosigkeit nachhaltig gesenkt werden, muss dem ein markanter Investitionsprozess vorangehen", so die Wissenschaftler.

Davon ist Deutschland weit entfernt. Wie schwach die Investitionsneigung hierzulande inzwischen ist, zeigt ein Vergleich der Investitionsquoten, also der Anteile der Investitionen am Bruttoinlandsprodukt. Trotz des jüngsten Aufschwungs fiel die Quote der Bruttoanlageinvestitionen seit 1991 von 23 auf 18 Prozent.

Bereinigt um Abschreibungen ging die Quote noch stärker zurück: Netto sank sie von fast 11 auf knapp 4 Prozent. Hieran hat der Staat einen großen Anteil. In jüngster Zeit fiel die öffentliche Nettoinvestitionsquote so stark, dass sie von 2003 bis 2006 negativ war. Das heißt: Der Staat hat sogar Vermögen verfallen lassen.

Andere Länder investieren viel mehr

Auch im internationalen Vergleich macht Deutschland keine gute Figur. Spanien verdoppelte seit 1995 seine Investitionen nahezu. Die USA und Großbritannien legten um 60 und Frankreich um 40 Prozent zu. Trotz des jüngsten Aufschwungs kommt Deutschland im gleichen Zeitraum gerade einmal auf einen Zuwachs von 7 Prozent. Das liegt nicht einfach daran, dass die Wirtschaft in Deutschland insgesamt schwächer gewachsen ist und deshalb weniger investiert hat: Die Nettoinvestitionsquoten - die Investitionen im Verhältnis zum Nettoinlandsprodukt - sind ebenfalls mit Abstand die niedrigsten.

Die deutsche Wirtschaftspolitik bemüht sich seit Jahren, die Produktionskosten für die Unternehmen zu senken und damit Investieren in Deutschland attraktiver zu machen. Eins haben die Anstrengungen bewirkt: Die Gewinne der Unternehmen haben sich massiv erhöht. Warum also nicht auch die Investitionen? Diese sind, allen Anreizen seitens der Politik zum Trotz, im aktuellen Aufschwung lediglich so hoch wie im vorangegangenen.

Der Grund: Niedrige Kosten allein machen aus Sicht der Firmen eine Ausweitung der Produktion nicht unbedingt rentabel, so das IMK. Die Renditeerwartungen von Unternehmen setzen sich zusammen aus:

  • den Erwartungen für den Absatz,
  • den erwarteten Produktionskosten und
  • den Kosten für eine Investition, darunter auch die Finanzierungskosten.

Mit der Senkung der Unternehmensteuern, schwachen Lohnzuwächsen und niedrigeren Lohnnebenkosten setzte die Politik jedoch nur an der Angebotsseite an. Damit sinken die Kosten für Investitionen und steigen - für sich genommen - die Rentabilitätserwartungen. Doch was ist bei dieser Konstellation mit den Absatzerwartungen? Dafür spielt das IMK zwei Extrembeispiele durch.

Fall 1: eine Wirtschaft, die allein für das Ausland produziert. Wegen der verringerten Produktionskosten erhöht sich die Wettbewerbsfähigkeit. Die Absatzerwartungen steigen, die Investitionen boomen.

Fall 2: eine Wirtschaft, die nur für das Inland produziert. Auch hier erhöht sich wegen der verringerten Produktionskosten die Rentabilität. Doch dämpft die Lohnzurückhaltung auch die Einkommen, die Absatzerwartungen sinken. Damit werden die Investitionen keinesfalls verstärkt, eventuell sogar geschwächt.

In Deutschland spielt die Binnennachfrage eine größere Rolle als die Nachfrage des Auslands. Damit ist die Gesamtbilanz der wirtschaftspolitischen Anstrengungen eher negativ; trotz gestiegener Gewinne haben die Unternehmen nicht stärker investiert. "Wer die Investitionen wirklich fördern will, muss auch stabile, positive Absatzerwartungen schaffen", urteilt das IMK. Denn auch die gesamtwirtschaftliche Nachfrage sei ein zentrales Element von Investitionsmotiven, nicht nur Kostendämpfung.

  • Deutschland investiert weniger als seine Nachbarn. Zur Grafik

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