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HBS Böckler Impuls

Unternehmensführung: Mitbestimmung zahlt sich aus

Ausgabe 01/2018

Wenn Arbeitnehmer im Aufsichtsrat mitbestimmen, arbeiten Unternehmen effizienter. Denn die Beschäftigten kennen sich im Tagesgeschäft oft besser aus als das Management.

Nicht nur auf lange Sicht, auch kurzfristig setzen mitbestimmte Firmen ihr Kapital zweckmäßiger ein. Das zeigt eine Studie von Kerstin Lopatta, Katarina Böttcher und Reemda Jaeschke von der Universität Oldenburg. Die Wissenschaftlerinnen haben untersucht, wie sich das Betriebskapital und der operative Cashflow von Unternehmen entwickelte, die zwischen 1987 und 2014 die paritätische Mitbestimmung eingeführt haben, bei der Arbeitnehmer die Hälfte der Vertreter im Aufsichtsrat stellen. Die Ergebnisse für diese insgesamt 54 Unternehmen verglichen die Forscherinnen mit der Entwicklung in Firmen ohne paritätische Mitbestimmung. 

Die beiden untersuchten Kennzahlen – Betriebskapital und operativer Cashflow – sind deshalb interessant, weil sie etwas darüber aussagen, wie Unternehmen im laufenden Geschäft mit ihrem Geld umgehen. Das Betriebskapital (englisch: Working Capital) errechnet sich aus dem Umlaufvermögen, zu dem beispielsweise Forderungen gegenüber Kunden oder Lagerbestände zählen, abzüglich kurzfristiger Verbindlichkeiten, etwa Rechnungen von Lieferanten. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht sollte das Betriebskapital positiv sein, damit keine Zahlungsengpässe drohen. Andererseits sollte diese Kennzahl auch nicht zu hoch ausfallen – denn dies deutet darauf hin, dass Kapital ungenutzt bleibt und an anderer Stelle fehlt. Beispiel: Eine Firma, die sich ein übermäßig volles Lager leistet, mag zwar über ein hohes Betriebskapital verfügen, arbeitet aber wahrscheinlich nicht sonderlich effizient.

Offenbar sind Arbeitnehmervertreter besonders gut da­rin, das Working Capital einer Firma zu optimieren. Die Analyse der Oldenburger Forscherinnen zeigt: Nachdem Firmen die paritätische Mitbestimmung  eingeführt und damit die Zahl der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat erhöht hatten, konnten sie ihr Betriebskapital deutlich senken, ohne ins Minus zu geraten. 

Mehr Mitbestimmung beeinflusste den Wissenschaftlerinnen zufolge auch den operativen Cashflow (Operating Cash Flow). An dieser Kennzahl lassen sich die Mittelzuflüsse und -abflüsse aus dem laufenden Geschäft ablesen. Ist der operative Cashflow positiv, heißt das: Das Unternehmen nimmt in seinem Kerngeschäft mehr ein, als es ausgibt. Nur bei einem positiven Cashflow kann eine Firma ihre finanziellen Verpflichtungen dauerhaft erfüllen und die Gehälter der Angestellten zahlen. Laut der Studie entwickelte sich der operative Cashflow bei Firmen nach der Einführung der paritätischen Mitbestimmung deutlich besser als in der Kontrollgruppe. Auch hier zeigt sich also, dass mitbestimmte Unternehmen effizienter wirtschaften. Um sicherzustellen, dass die Einführung der paritätischen Mitbestimmung verantwortlich für diesen Effekt war, rechneten die Autorinnen andere Faktoren wie etwa die Firmengröße heraus.

Die Wissenschaftlerinnen erklären ihre Ergebnisse so: Wenn Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat einziehen, bringen sie sehr viel Erfahrung aus dem Tagesgeschäft ein. Sie wissen, wie die Firma bei Lieferanten und Kunden sowie gegenüber Wettbewerbern dasteht. Diese Expertise erleichtert es ihnen, zu kontrollieren, ob das Management die verfügbaren Mittel an der richtigen Stelle einsetzt. „Die positiven Auswirkungen auf das operative Geschäft zeigen, dass Arbeitnehmervertreter nicht nur die Belange der Mitarbeiter im Blick haben, sondern auch den Interessen anderer Stakeholder nutzen“, schreiben die Forscherinnen.

  • Insgesamt 641 Unternehmen haben paritätisch besetzte Aufsichtsräte. Zur Grafik

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