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HBS Böckler Impuls

Löhne: Mindestlohn: In Westeuropa über 8,50 Euro

Ausgabe 04/2013

Wirtschaftskrise und Sparpolitik halten die Mindestlöhne in vielen EU-Ländern unter Druck. Erhöhungen gleichen oft nicht einmal die Inflationsrate aus.

Zwölf von 20 EU-Ländern mit gesetzlichen Mindestlöhnen haben diese zum 1. Januar 2013 erhöht. Großbritannien und Belgien hatten schon im vergangenen Herbst angehoben. Gleichwohl bremsten die Krise im Euroraum, die Massenarbeitslosigkeit und der strikte Sparkurs, den viele nationale Regierungen auf Drängen von EU-Kommission und IWF verfolgen, die Anpassung der Lohnuntergrenzen in Europa weiterhin stark ab, konstatiert WSI-Experte Thorsten Schulten: „Im Jahr 2012 hat sich die schwache Mindestlohnentwicklung der Vorjahre weiter fortgesetzt und in einigen europäischen Ländern sogar noch verschärft“, schreibt Schulten im neuen WSI-Mindestlohnbericht.

Regelrecht dramatisch war der Verlauf in Griechenland. Die Regierung in Athen kürzte den Mindestlohn auf internationalen Druck um knapp 23 Prozent. Portugal, Irland, Rumänien und die Tschechische Republik froren ihr Lohnminimum ein.

Wo es Erhöhungen gab, fielen sie meist geringer aus als in den Vorjahren. Nach Abzug der Inflation waren die Zuwächse bestenfalls bescheiden. In mehreren Ländern zehrte die Teuerung die nominale Anhebung sogar auf. Das geschah nach Schultens Auswertung beispielsweise in Spanien, den Niederlanden oder Großbritannien, wo die Mindestlöhne schon seit mehreren Jahren real an Wert verlieren. Es gab allerdings auch Ausnahmen, zeigt der Mindestlohnbericht: Litauen, Polen und Bulgarien erhöhten ihre Lohnminima real deutlich. Auch einige Länder außerhalb der EU hoben ihre Mindestlöhne spürbar an, darunter Argentinien, Südkorea und Brasilien.

In den westeuropäischen Euro-Ländern betragen die niedrigsten erlaubten Bruttostundenlöhne nun zwischen 8,65 Euro in Irland und 10,83 Euro in Luxemburg. In Großbritannien müssen umgerechnet mindestens 7,63 Euro gezahlt werden. Dieser Wert ist aber von der anhaltenden Schwäche des Britischen Pfunds beeinflusst. Sonst würde der britische Mindeststundenlohn heute bei gut 9 Euro liegen und damit auf westeuropäischem Durchschnittsniveau, erklärt Schulten.

Die südeuropäischen EU-Staaten haben Lohnuntergrenzen zwischen knapp 3 Euro in Portugal und 4,06 Euro auf Malta. Etwas darüber liegt mit 4,53 Euro Slowenien. In den meisten anderen mittel- und osteuropäischen Staaten sind die Mindestlöhne noch deutlich niedriger. Allerdings haben mehrere davon auch in den vergangenen Krisenjahren aufgeholt. So müssen in Polen jetzt mindestens 2,21 Euro pro Stunde bezahlt werden. Zudem spiegeln die Niveauunterschiede zum Teil auch unterschiedliche Lebenshaltungskosten wider. Legt man Kaufkraftparitäten zugrunde, reduziert sich das Verhältnis zwischen dem niedrigsten und dem höchsten gesetzlichen Mindestlohn in der EU von 1:12 auf etwa 1:6.

In den Euro-Krisenstaaten werden die Lohnuntergrenzen unter Druck bleiben, prognostiziert WSI-Forscher Schulten. Allerdings träten vor allem auf Ebene der EU-Kommission die Widersprüche einer restriktiven Mindestlohnpolitik zunehmend zu Tage: So lobe die Generaldirektion Wirtschaft sinkende Mindestlöhne in Krisenländern. Fast gleichzeitig warne aber die Generaldirektion Beschäftigung und Soziales vor einer zunehmenden sozialen Polarisierung und bezeichne Mindestlöhne als wichtiges Instrument, um die gesamtwirtschaftliche Nachfrage zu stabilisieren. Die Erfahrungen der vergangenen beiden Jahre stützten diese Analyse, betont Schulten: „Nachdem das Scheitern der europäischen Austeritätspolitik und der damit verbundenen Politik der Lohnkürzungen immer offensichtlicher wird, ist auch eine grundlegende Wende in der Mindestlohnpolitik dringend geboten.“

  • 12 von 20 EU-Ländern mit gesetzlichem Mindestlohn haben diesen zum Jahresanfang 2013 angehoben. Doch unter dem Eindruck der Krise fielen die Erhöhungen oft schwächer aus als in den Vorjahren. Zur Grafik

Thorsten Schulten: WSI-Mindestlohnbericht 2013 – anhaltend schwache Mindestlohnentwicklung in Europa, in: WSI-Mitteilungen 2/2013.

 

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