Quelle: HBS
Böckler ImpulsArbeitsmarkt: Mindestlohn hilft jedem Fünften
In Deutschland gibt es über 8 Millionen Niedriglohnbeschäftigte. Fast 7 Millionen von ihnen könnten vom geplanten gesetzlichen Mindestlohn profitieren.
Das geht aus einer Studie von Thorsten Kalina und Claudia Weinkopf hervor. Die Wissenschaftler vom Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen haben Daten des Sozio-oekonomischen Panels ausgewertet. Im Jahr 2012 verdienten nach ihren Berechnungen 24,3 Prozent aller Beschäftigten weniger als zwei Drittel des mittleren Stundenlohns, also unter 9,30 Euro. Seit 1995 hat sich die Zahl der Niedriglohnbeschäftigten damit von 5,9 auf 8,4 Millionen erhöht. Insbesondere in Westdeutschland ist der Niedriglohnsektor in diesem Zeitraum erheblich gewachsen – um 61,4 Prozent. Im Osten betrug der Zuwachs 8,2 Prozent, allerdings von einem höhen Niveau. Überdurchschnittlich groß ist das Niedriglohnrisiko unter Jüngeren, Geringqualifizierten, befristet Beschäftigten, Ausländern, Frauen und
Arbeitnehmern über 54 Jahren. Mit Abstand am stärksten betroffen sind Minijobber: Fast vier von fünf geringfügig Beschäftigten müssen sich mit einem Stundenlohn unter 9,30 Euro begnügen.
Nach der Analyse der IAQ-Forscher hätten 6,6 Millionen oder 19,2 Prozent aller Beschäftigten bei Einführung eines Mindestlohns von 8,50 Euro Anspruch auf mehr Gehalt. Minijobber stellen mit 41,7 Prozent einen erheblichen Anteil derjenigen, denen eine gesetzliche Lohnuntergrenze zugute käme. Forderungen nach Sonderregeln für bestimmte Arbeitsmarktsegmente sehen Kalina und Weinkopf kritisch: „Aus unserer Sicht müssen Ausnahmen sehr gut begründet und eng begrenzt werden, weil sonst ein Wettbewerb zwischen unterschiedlichen Beschäftigtengruppen mit und ohne Mindestlohnanspruch entfacht wird. Zudem würden Ausnahmeregelungen die Durchsetzung und Kontrolle des Mindestlohns deutlich erschweren.“
Thorsten Kalina, Claudia Weinkopf: Niedriglohnbeschäftigung 2012 und was ein gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 € verändern könnte, IAQ-Report 2/2014