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HBS Böckler Impuls

Gesundheit: Mehr Prävention dank Betriebsrat

Ausgabe 11/2019

Mitbestimmte Firmen tun mehr für die betriebliche Gesundheitsförderung. Das geht aus einer empirischen Studie hervor.

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Wer auf seine Gesundheit achten möchte, sollte in einem mitbestimmten Betrieb arbeiten. Die Chance, in den Genuss betrieblicher Gesundheitsförderung zu kommen, ist nämlich deutlich höher, wenn es einen Betriebsrat gibt. Zu diesem Ergebnis kommen Uwe Jirjahn von der Universität Trier, Jens Mohrenweiser von der Bournemouth University und Stephen Smith von der George Washington University in einer gemeinsamen Untersuchung. 

Gesundheitliche Prävention am Arbeitsplatz sei heutzutage enorm wichtig, betonen die Ökonomen. Alternde Belegschaften seien anfälliger für körperliche Gebrechen, die Digitalisierung habe vielerorts die Arbeit intensiviert und vor allem den psychosozialen Stress erhöht. Laut der Internationalen Arbeitsorganisation sind die Auswirkungen widriger Arbeitsbedingungen auf die Gesundheit nicht nur für die betroffenen Beschäftigten ein Unglück, sondern auch volkswirtschaftlich ein Problem: Berufskrankheiten und Arbeitsunfälle sind demnach für Ausfälle in Höhe von vier Prozent der globalen Wirtschaftsleistung verantwortlich. Dazu kommen Kosten der Sozialversicherungen, die in vielen Industrieländern zwei bis drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts entsprechen.

Dass Mitbestimmung Unternehmen dazu bringen kann, sich stärker um das Wohlbefinden ihrer Beschäftigten zu kümmern, halten die Autoren schon aus theoretischer Sicht für plausibel. Zum einen seien gesunde Arbeitsbedingungen ein öffentliches Gut, von dem alle Beschäftigten etwas haben. Das heißt: Sich individuell dafür einzusetzen, wäre unattraktiv, da man ja auch als „Trittbrettfahrer“ profitiert. Vielmehr brauche es eine kollektive Institution, die stellvertretend für die Belegschaft verhandeln kann. Ein weiteres Argument: Arbeitnehmervertretungen reduzieren Informationslücken. Sie informieren einerseits die Beschäftigten über Gesundheitsrisiken, andererseits das Management über die Bedürfnisse der Belegschaft und konkrete Probleme im Arbeitsprozess. Darüber hinaus erhöhen sie die Verhandlungsmacht der Arbeitnehmer und damit die Chance, gesundheitsfördernde Maßnahmen auch dann durchzusetzen, wenn dem Arbeitgeber Kosten entstehen. 

Auch die rechtlichen Rahmenbedingungen in Deutschland sprechen der Studie zufolge dafür, dass Arbeitnehmervertreter eine wichtige Rolle spielen: Wenn es um Gesundheit und Sicherheit geht, haben Betriebsräte ein Mitbestimmungsrecht und können Betriebsvereinbarungen abschließen. Sie dürfen zudem überwachen, ob der Arbeitgeber die gesetzlichen Vorgaben zur Arbeitssicherheit einhält.       

Um ihre Hypothese empirisch zu überprüfen, haben Jirjahn, Mohrenweiser und Smith einen Datensatz des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung aus dem Jahr 2012 ausgewertet. Ihren Berechnungen zufolge ist in der Tat ein deutlicher Effekt messbar: Wenn es einen Betriebsrat gibt, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass betriebliche Gesundheitsförderung angeboten wird, um fast ein Fünftel. Faktoren wie die Betriebsgröße, die Branche oder die Qualifikationsstruktur der Belegschaft sind dabei herausgerechnet.

Den positiven Effekt von betrieblicher Mitbestimmung können die Forscher nicht nur pauschal nachweisen, sondern auch für eine Reihe von Einzelmaßnahmen. Demnach verbessern Betriebsräte zum einen den Informationsfluss: Sie setzen sich ein für Analysen von Fehlzeiten, Gesundheitszirkel und Beschäftigtenbefragungen. Zum anderen gibt es in mitbestimmten Firmen auch mehr direkte Maßnahmen: innerbetriebliche Angebote wie Gesundheitsuntersuchungen, Gesundheitstage oder Physiotherapie, Schulungen und Beratung zu Sucht, seelischen Problemen oder Ernährung, aber auch finanzielle Unterstützung für außerbetriebliche Präventionsmaßnahmen. Zudem steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Betriebe sich an unternehmensübergreifenden Netzwerken zur Gesundheitsförderung beteiligen.

Uwe Jirjahn, Jens Mohrenweiser, Stephen C. Smith: Works Councils and Workplace Health Promotion in Germany, IZA Discussion Paper Nr. 12113, Januar 2019

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