Quelle: HBS
Böckler ImpulsArbeitswelt: Mehr Mitbestimmung gegen Personalmangel
Bei Fragen der Personalbemessung sind Betriebsräten die Hände gebunden – der Gesetzgeber sollte ihnen mehr Möglichkeiten zur Mitbestimmung einräumen.
In vielen Unternehmen nimmt laut Betriebsräten die Arbeitsbelastung zu. Einer der wichtigsten Gründe: anhaltende Personalengpässe. Die richtigen Stellschrauben zu finden, um die Beschäftigten zu entlasten, ist für Arbeitnehmervertreter nach aktueller Rechtslage schwierig. Zu diesem Ergebnis kommt Elke Ahlers in einer Studie. Die WSI-Forscherin hat Daten der Betriebsrätebefragung 2018 ausgewertet, deren Schwerpunkte auf Arbeits- und Leistungsbedingungen sowie Arbeitsintensivierung liegen.
Rund 80 Prozent der Betriebsräte geben an, dass die Arbeitsbelastung innerhalb der Belegschaft in den vergangenen zwei Jahren gestiegen ist. Besonders betroffen sind Bereiche wie Erziehung, Gesundheit sowie Banken und Versicherungen. 77 Prozent sind der Meinung, dass durch die Arbeitsintensivierung die gesundheitlichen Probleme der Beschäftigten zugenommen haben. Rund zwei Drittel sehen einen Zusammenhang mit einer Verschlechterung des Betriebsklimas. Die große Bedeutung des Themas zeigt sich auch daran, dass die Arbeitnehmervertreter dazu in fast allen betroffenen Betrieben mit dem Arbeitgeber in Verhandlungen stehen.
Die Betriebsräte machen mehrere Gründe für die steigende Belastung verantwortlich, einer sticht jedoch heraus: Rund zwei Drittel nennen eine unzureichende Personalausstattung als Ursache. Die Engpässe beruhen nach Angaben der Befragten nicht nur auf Krankenstand oder guter Auftragslage, sondern werden oft als Normalfall beschrieben. Weitere häufig genannte Gründe sind Führungsmängel mit 60 Prozent, schlechte Organisation mit 59 Prozent und ungeplante Zusatzaufgaben mit 57 Prozent. Dass die Arbeitsbelastung steigt, lasse sich nicht allein auf technologischen Wandel oder gesellschaftliche Veränderungen zurückführen, sondern sei in vielen Fällen „eine Folge ungünstiger betrieblicher Rahmenbedingungen“, schreibt Ahlers.
Vor allem beim Thema Arbeitszeit können Betriebsräte handeln: In drei Viertel der Betriebe haben die Arbeitnehmervertreter bei übermäßig langen und unregelmäßigen Arbeitszeiten eingegriffen. In fast jedem zweiten Betrieb sind Betriebsvereinbarungen für bessere Arbeitszeiten verhandelt worden. Wenig Einfluss haben sie dagegen bei Fragen der Personalbemessung. Die WSI-Forscherin sieht hierin eine „Schwachstelle“ im Betriebsverfassungsgesetz: Der Gesetzgeber sei gefordert, die Mitbestimmungsmöglichkeiten zu vergrößern.
Elke Ahlers: Arbeitsintensivierung in den Betrieben, Problemdeutungen und Handlungsfelder von Betriebsräten, WSI-Mitteilungen 1/2020