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HBS Böckler Impuls

Betriebsräte: Mehr Mitbestimmung bindet Beschäftigte in Tarifbetrieben

Ausgabe 16/2019

Mehr Mitbestimmung ist ein Weg, Mitarbeiter ans Unternehmen zu binden. Mit Betriebsräten sinkt nämlich die Zahl der Beschäftigten, die ihren Job kündigen.

Dass mehr Mitbestimmung ein effektives Mittel der Mitarbeiterbindung ist, weist Julian B. Adam von der Universität Erlangen-Nürnberg in einer empirischen Studie nach. Demnach sinkt die Zahl der arbeitnehmerseitigen Kündigungen deutlich, wenn es im Unternehmen mehr Betriebsratsmitglieder und mehr von der Arbeit freigestellte Belegschaftsvertreter gibt.


Ausgangspunkt von Adams Studie ist die Reform des Betriebsverfassungsgesetzes von 2001. Das neue Gesetz sieht unter anderem größere Arbeitnehmervertretungen und mehr freigestellte Mitglieder vor, allerdings nur bei Betrieben bestimmter Größenklassen. Bei Firmen mit 201 bis 300 Beschäftigten haben Betriebsräte seit dem Juli 2001 neun statt sieben Mitglieder, zudem gibt es ab einer Betriebsgröße von 200 Beschäftigten eine statt keiner Freistellung. Bei Betrieben mit 151 bis 199 Mitarbeitern haben sich die entsprechenden Vorgaben dagegen nicht geändert. Wenn man vergleicht, wie sich die Personalfluktuation im Laufe der Zeit je nach Betriebsgröße entwickelt hat, lässt sich der kausale Effekt der Gesetzesänderung statistisch isolieren. 


Zu diesem Zweck hat der Ökonom einen Datensatz des Instituts für Arbeitsmarkt-und Berufsforschung ausgewertet, der für die Jahre 1998 bis 2004 Informationen zu mitbestimmten Betriebe mit 151 bis 250 Beschäftigten enthält. Den Berechnungen zufolge haben die zusätzlichen Betriebsratsmitglieder und die Freistellungen bei den Firmen mit mehr als 200 Mitarbeitern die Zahl der freiwilligen Abgänge von Beschäftigten um etwa 30 Prozent sinken lassen. Der Effekt ist allerdings nur nachweisbar, wenn die Betriebe tarifgebunden sind. Der Forscher erklärt seine Ergebnisse mit der Sprachrohr-Funktion von Arbeitnehmervertretungen. Indem der Betriebsrat stellvertretend für die Belegschaft Bedürfnisse und Probleme gegenüber dem Management zum Ausdruck bringt, trage er zu besseren Arbeitsbedingungen bei und halte so unzufriedene Beschäftigte von Kündigungen ab. Dass das in tarifgebundenen Firmen besser funktioniert, dürfte laut Adam unter anderem daran liegen, dass Tarifverträge die Verteilungskonflikte auf betrieblicher Ebene entschärfen. Daher könnten sich die Betriebsräte besser auf ihre eigentliche Aufgabe – die Verbesserung der Arbeitsbedingungen – konzentrieren.

Julian B. Adam: Voluntary Quits: Do Works Councils Matter? Journal of Economics and Statistics 1/2019

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