Backwarenbranche: Mehr Minijobs und Azubis
Der Backwarenbranche machen Fachkräftemangel und hohe Arbeitsbelastung zu schaffen. Immerhin hat sich der Abwärtstrend bei Beschäftigung und Azubis zum Teil gedreht.
Die Backwarenbranche in Deutschland steckt im Strukturwandel. Der trifft in besonderer Weise das Bäckereihandwerk, das seit Jahren schrumpft, während die Brotindustrie expandiert. Das zeigen erste Ergebnisse des neuen „Bäckerei-Monitors“, einer umfassenden Branchenanalyse und Beschäftigtenbefragung, die die Hans-Böckler-Stiftung in Kooperation mit der NGG fördert. Neben einer Literaturanalyse und der Auswertung von Statistiken wurden 27 Interviews mit Vertreterinnen und Vertretern von Verbänden, NGG und Betrieben geführt. Zusätzlich hat die NGG zwischen Oktober 2024 und Februar 2025 eine bundesweite Onlinebefragung durchgeführt, an der sich knapp 1400 Beschäftigte der Branche beteiligt haben.
Während der Gesamtumsatz der Backwarenbranche mit ihren 282 000 Beschäftigten infolge einer zunehmenden Dominanz von Großfilialisten und Brotindustrie auf 21,8 Milliarden Euro im Jahr 2023 gestiegen ist, hat die Zahl der Betriebe des Bäckereihandwerks allein in den letzten zehn Jahren um 30 Prozent abgenommen. Seit 2014 sind mehr als 20 000 Arbeitsplätze im gesamten Backgewerbe verloren gegangen. Gleichzeitig stieg der Anteil der Teilzeitkräfte unter den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten von 30 auf 39 Prozent. Seit 2022 stabilisiert sich der Markt: Die Zahl der Beschäftigten hat – parallel zur sich erholenden Geschäftsentwicklung vieler Betriebe – bis 2024 insgesamt um 2000 zugenommen.
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Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Jobs ist seit 2022 jedoch um 6500 zurückgegangen, das Wachstum ist allein auf ein Plus von 8500 Minijobs zurückzuführen. Diese Entwicklung sehen sowohl Christina Schildmann, Leiterin der Forschungsförderung der Hans-Böckler-Stiftung, als auch Studienautor Stefan Stracke und die Gewerkschaft kritisch, weil sie eine Verschiebung hin zu weniger stabilen und tendenziell schlechter abgesicherten Arbeitsverhältnissen zeigt.
Doch es gibt aktuell auch Lichtblicke für den Handwerksberuf. Bei der Zahl der Azubis zur Bäckerin oder zum Bäcker gab es 2024 ein Plus von 11,4 Prozent, bei den Fachverkäuferinnen und -verkäufern im Bäckerhandwerk sogar von 22,5 Prozent. In den Jahren zuvor war die Zahl der Auszubildenden in der Branche stetig rückläufig gewesen.
Laut Beschäftigtenbefragung werden Arbeitsintensität und körperliche Anforderungen insgesamt als hoch eingeschätzt. 86 Prozent der Befragten erleben oft oder sehr häufig Zeitdruck und Stress. Ebenfalls 86 Prozent berichten, dass oft oder sehr häufig Personal fehle. Um Personal zu finden, haben einige Betriebe des Bäckerhandwerks ihren Suchradius bei der Rekrutierung von Azubis nach Südostasien und Nordafrika ausgeweitet. Während sich die Zahl der Auszubildenden im Backgewerbe allein in den letzten zehn Jahren fast halbiert hat, steigt sie bei Auszubildenden mit ausländischer Herkunft. Rund ein Viertel der Auszubildenden hat einen Migrationshintergrund, vor zehn Jahren waren es weniger als neun Prozent.
„Eine potenzielle Maßnahme, um die Arbeitsbedingungen und Attraktivität gerade des Bäckereihandwerks nachhaltig zu verbessern, wäre die Verlagerung von Prozessen von der Nacht- in die Tagproduktion“, so Stracke. Helfen könnten dabei zum Beispiel Schockfrosten und Gärunterbrechung sowie Veränderungen der Teigführung. „Dadurch können die Teige schon tagsüber vorbereitet und geknetet werden, nachts wird dann nur noch gebacken“, erläutert Stracke. Laut Interviewten ist eine solche Verlagerung von Prozessen in der Breite eher noch selten zu beobachten. Auch hier gebe es jedoch eine Reihe von positiven Beispielen.
Zur Bewältigung des Personal- und Fachkräftemangels seien darüber hinaus umfassendere Strategien erforderlich, die die Attraktivität von Arbeitgebern und Berufsbildern stärken, betont Schildmann. Als wesentliche Bausteine dafür hebt Branchenexperte Stracke bessere Bedingungen unter anderem bei Entgelt, Planbarkeit der Arbeitszeiten, Überstundenausgleich, flexiblen Angeboten für eine bessere Work-Life-Balance, lebensphasenorientierten Arbeitszeitmodellen, Gesundheitsvorsorge, Entwicklungs- und Karriereperspektiven, Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten und der Arbeitsatmosphäre hervor.