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 Mehr Lohngleichheit dank Elterngeld Böckler Impuls

Gleichstellung: Mehr Lohngleichheit dank Elterngeld

Ausgabe 05/2023

Das Elterngeld trägt dazu bei, dass Mütter mit geringem Einkommen schneller in den Beruf zurückkehren. Die Löhne von gutverdienenden Müttern steigen langfristig.

Als die Bundesregierung Anfang 2007 das Elterngeld einführte, zielte sie darauf ab, einen „finanziellen Schonraum“ für Familien im ersten Jahr nach einer Geburt zu schaffen. Gleichzeitig sollte die Leistung Müttern die Erwerbstätigkeit und Vätern die Teilhabe an der Kinderbetreuung erleichtern. Katharina Wrohlich vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung hat gemeinsam mit Aline Zucco in einer von der Hans-Böckler-Stiftung geförderten Studie untersucht, inwiefern die Politik ihre Ziele erreicht hat. Insbesondere die Auswirkungen auf das Lohnniveau von Müttern haben sich die Forscherinnen angeschaut. Dabei können sie positive Effekte nachweisen. Die Anreize für eine gleichmäßigere Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit könnten aber noch deutlich ausgebaut werden.  

Wrohlich und Zucco haben Daten des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung und des Mikrozensus ausgewertet. Im Zentrum der Analyse stehen Mütter, die ihr erstes Kind im ersten Quartal 2007 bekommen haben und davor sozialversicherungspflichtig beschäftigt waren. Als Vergleichsgruppe dienen Mütter, die ihre Kinder kurz vor 2007 zur Welt gebracht haben und damit kein Anrecht auf Elterngeld hatten. 

Die finanziellen Auswirkungen der Reform schwanken mit dem Einkommen von Müttern: Geringverdienende, deren Haushaltsnettoeinkommen unter 30 000 Euro pro Jahr lag, konnten vor 2007 zwei Jahre lang Erziehungsgeld in Höhe von 300 Euro pro Monat erhalten. Das Elterngeld fällt in der Regel höher aus, wird aber maximal ein Jahr an einen Elternteil ausgezahlt. Dazu kommen zwei Partnermonate, die nur der andere Teil nehmen kann. Was das konkret heißt, veranschaulichen die Wissenschaftlerinnen an Beispielen: Mütter mit einem Monatseinkommen von 1000 Euro netto stehen im ersten Jahr nach der Geburt finanziell besser da als vor der Reform, da sie 670 statt 300 Euro monatlich erhalten. Im zweiten Jahr gehen sie nun leer aus, während sie vor 2007 noch 300 Euro Erziehungsgeld erhalten hätten. Entsprechend wäre davon auszugehen, dass diese Frauen früher auf den Arbeitsmarkt zurückkehren. Mütter, die 3000 Euro monatlich verdienen, hatten keinen Anspruch auf Erziehungsgeld, können aber 1800 Euro Elterngeld pro Monat in Anspruch nehmen. Sie sollten infolge der Reform eher dazu tendieren, eine berufliche Auszeit zu nehmen. 

Tatsächlich zeigt eine Untersuchung, an der Wrohlich und Zucco beteiligt waren, dass die Erwerbsbeteiligung von Müttern mit hohem Einkommen im ersten Jahr nach einer Geburt um 3,2 Prozentpunkte gesunken ist. Bei Müttern mit niedrigerem Einkommen ist dagegen eine Steigerung um 3,8 Prozentpunkte im zweiten Jahr zu beobachten.

In ihrer aktuellen Studie haben die Forscherinnen die Folgen für die Bruttotageslöhne von Müttern analysiert. Durchgängig negative Effekte lassen sich demnach im ersten Jahr nach der Geburt ermitteln, was mit der Erwerbsunterbrechung in dieser Zeit zusammenhängt. Für Geringverdienende ergibt sich im zweiten Jahr dann ein Lohnplus von gut einem Prozent gegenüber der Vergleichsgruppe aus der Zeit ohne Elterngeld, das bis zum vierten Jahr nachweisbar ist. Dafür dürfte die höhere Erwerbsbeteiligung dieser Frauen verantwortlich sein. Bei Müttern mit hohen Einkommen steigert das Elterngeld den Lohn vom zweiten bis zum neunten Jahr um etwa zwei Prozent – obwohl die häufigeren Auszeiten in dieser Gruppe eigentlich eher einen negativen Effekt erwarten lassen würden. Die Erklärung der Autorinnen: Offenbar trage das Elterngeld dazu bei, dass sich Väter langfristig stärker bei der Kindererziehung einbringen. Das entlaste die Partnerinnen, erhöhe dadurch ihre Arbeitsproduktivität und Karrierechancen.

Wrohlich und Zucco bescheinigen dem Elterngeld „große Potenziale zur Verringerung geschlechterspezifischer Ungleichheiten am Arbeitsmarkt“, die allerdings noch nicht voll ausgeschöpft werden. Nach wie vor überwiege eine traditionelle Rollenteilung: Die Mutter steigt zwölf Monate berufliche aus, der Vater zwei. Eine Möglichkeit, das zu ändern, wäre laut den Forscherinnen eine „Dynamisierung“ des Elterngeldes: Beide Eltern sollten für sieben Monate Anspruch auf 80 Prozent des vorherigen Nettolohns haben, danach nur noch auf 50 Prozent. Das gemeinsame Elterngeld wäre damit am höchsten, wenn beide Eltern es jeweils sieben Monate in Anspruch nehmen. Die Zahl der Partnermonate sollte von zwei auf drei erhöht werden. Unabhängig davon mache die Inflation eine Anhebung der Mindest- und Höchstbeträge empfehlenswert.

Katharina Wrohlich, Aline Zucco: 15 Jahre Elterngeld: Auswirkungen und Reformoptionen, Working Paper der HBS-Forschungsförderung Nr. 279, März 2023

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