zurück
HBS Böckler Impuls

Arbeitsleben: Lückenhafte Erwerbsverläufe schmälern Rente

Ausgabe 06/2010

Die gesetzliche Rente verlangt einen möglichst lückenlosen und langen Erwerbsverlauf - tatsächlich ist das Arbeitsleben vieler Menschen aber brüchiger und kürzer geworden.

Zum Einstieg nur eine befristete Stelle, später immer wieder Phasen ohne Job, dann aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig in Rente: Die durchschnittliche Erwerbsbiografie hat sich in den vergangenen beiden Jahrzehnten deutlich gewandelt. Sie ist lückenhafter geworden, beginnt später und endet früher. Ernst Kistler und Falko Trischler haben im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung untersucht, wie sich Lebensläufe  zwischen 1984 und 2007 verändert haben. Die brüchiger gewordenen Erwerbsverläufe werden große Probleme in der Alterssicherung verursachen, warnen die beiden Forscher. Verschärfend komme hinzu, dass die Politik die Rentenzahlbeträge gesenkt hat. "Die Gefahr der Altersarmut steigt und ist hochgradig gruppenspezifisch", so die Wissenschaftler vom Internationalen Institut für Empirische Sozialökonomie (Inifes).

Die Einstiegsphase - 20- bis 30-Jährige. "Der Erwerbseinstieg hat sich seit den 1980er-Jahren deutlich verändert", berichten die Forscher. Der durchschnittliche Berufsstart verschob sich, weil die Ausbildungen länger wurden. Vor allem aber spielt frühe Arbeitslosigkeit eine immer größere Rolle. Ob Männer oder Frauen, ob in Ost- oder Westdeutschland: Für alle Gruppen nahm zwischen 1991 und 2007 das Risiko zu. Selbst Dauerarbeitslosigkeit ist in dieser Lebensphase keine Seltenheit mehr. Jeder zwanzigste 20- bis 30-Jährige war von 2003 bis 2007 mindestens zweieinhalb Jahre ohne Job. "Arbeitslosigkeit wird zur allgemeinen Erfahrung", schreiben  Kistler und Trischler über die Einstiegsphase. Weil weder Berufskenntnisse noch Rentenansprüche gesammelt werden, zieht diese Erfahrung dauerhaft Nachteile nach sich. Außerdem ist bei den Unter-30-Jährigen der Anteil der Vollzeitbeschäftigten gesunken, und schon in dieser Lebensphase haben Frauen seltener eine Vollzeitstelle.

Die Kernerwerbsphase - 30- bis 50-Jährige. Dieser Lebensabschnitt hat sich über die Jahrzehnte am wenigsten verändert. Die wesentliche Neuheit im Vergleich zu den 1980er-Jahren ist, dass nun mehr Frauen arbeiten wollen. Das mündete laut Inifes aber nicht in einen erheblichen Zuwachs an Frauen in Vollzeitjobs, sondern eher in mehr geringfügige und Teilzeit-Beschäftigung. Etwa jede sechste westdeutsche Frau zwischen 30 und 50 bleibt noch immer die meiste Zeit dem Arbeitsmarkt fern. Arbeitslosigkeit und prekäre Jobs sind in dieser Phase noch etwas seltener als zu Beginn oder am Ende des Erwerbslebens. Aber immerhin jeder Fünfte arbeitete zwischen 2003 und 2007 dauerhaft in einem atypischen Beschäftigungsverhältnis, und sieben Prozent verbrachten sogar mehr als zweieinhalb Jahre am Stück ohne Job. Auch wenn Bildung hilft: Die Zeiten in Arbeitslosigkeit sind für Geringqualifizierte wie Akademiker gestiegen.

Der Altersübergang - 51- bis 65-Jährige. Beim Vergleich der 1980er- und der 2000er-Jahre wird deutlich: Es hat sich ein Keil zwischen Arbeitsende und Rentenbeginn geschoben. Die Mehrheit der Erwerbstätigen wechselt nicht mehr aus dem Beruf in die Rente. Eine schwierige Überbrückungsphase ist am Ende des Erwerbslebens zur Regel geworden, und obwohl Kürzungen des Ruhegeldes drohen, gehen viele vorzeitig in Rente. Ein immer größerer Teil der Älteren ist von Arbeitslosigkeit betroffen, auch im Westen, noch deutlicher aber im Osten. Vor allem künftige Ostrentner werden nicht auf eine stabile Erwerbsbiografie zurückblicken können, warnen Kistler und Trischler.

  • Vor allem zu Beginn und am Ende des Erwerbslebens sind die Beschäftigten weniger stabil am Arbeitsmarkt eingebunden. Zur Grafik

Zugehörige Themen

Der Beitrag wurde zu Ihrem Merkzettel hinzugefügt.

Merkzettel öffnen