Quelle: HBS
Böckler ImpulsArbeitsmarkt: Leiharbeit bleibt prekär
Auch wenn die Löhne zuletzt etwas gestiegen sind: Leiharbeiter werden meist schlecht bezahlt und haben kaum Aussicht auf langfristige Beschäftigung.
Leiharbeiter arbeiten meist unter schlechteren Bedingungen als andere Beschäftigte. Das zeigt eine Studie von Eric Seils und Helge Emmler vom WSI. Zwischen 2010 und 2018 sind die Löhne in der Leiharbeit zwar stärker gestiegen als im Durchschnitt aller Beschäftigten. Trotzdem erhielten gut 60 Prozent der vollzeitbeschäftigten Leiharbeitnehmer Ende 2018 einen Niedriglohn, in Thüringen und Sachsen-Anhalt waren es sogar rund 80 Prozent. Unter allen sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten der Kerngruppe lag der Anteil bei knapp einem Fünftel. Die Beschränkung auf die Kerngruppe schließt vor allem Auszubildende aus, die ohnehin ein niedriges Entgelt erhalten. Als Niedriglohn gilt ein Entgelt, das geringer ist als zwei Drittel des mittleren Bruttolohns aller sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten. Wer so wenig verdient, kann kaum davon leben. Jeder zwanzigste Leiharbeiter in Vollzeit musste sein Gehalt sogar durch Sozialleistungen aufstocken. Die geringeren Verdienste lassen sich „zu einem substanziellen Teil“ durch unterschiedliche Qualifikations- und Tätigkeitsprofile in der Leiharbeit erklären.
Hinzu kommt, dass die Beschäftigungsverhältnisse von Leiharbeitern besonders unsicher sind. Obwohl auch Arbeitgeber in der Verleihbranche über Arbeitskräftemangel klagen, dauerte etwa die Hälfte der im zweiten Halbjahr 2018 beendeten Beschäftigungsverhältnisse maximal drei Monate. Gut 28 Prozent wurden nach nicht einmal einem Monat beendet. Die verfügbaren Daten lieferten „kaum Hinweise auf kontinuierliche Beschäftigungsverhältnisse bei Verleihfirmen“, schreiben Seils und Emmler. Das im Zusammenhang mit der Deregulierung von Leiharbeit erklärte Ziel, mehrere kürzere Einsätze in unterschiedlichen Entleihbetrieben zu einem längeren Beschäftigungsverhältnis zusammenzuführen, werde offensichtlich häufig verfehlt. „Vielmehr sind die Beschäftigungsverhältnisse bei den Verleihfirmen zumeist an die Dauer eines einzelnen Einsatzes geknüpft.“ Die ständige Unsicherheit, nach nur einem Einsatz wieder ohne Arbeit dazustehen, stelle eine erhebliche Belastung für die Beschäftigten dar. Eine Ausnahme bilde hochqualifiziertes Personal, das bei spezialisierten Verleihfirmen angestellt ist.
Ende 2018 lag der Anteil der Leiharbeiter an allen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Bundesdurchschnitt bei 2,4 Prozent. Dabei war die Bandbreite in den 257 deutschen Arbeitsmarktregionen, die jeweils einen oder mehrere Landkreise oder eine größere Stadt und ihr Umland umfassen, erheblich. Die Quote reichte von 0,7 Prozent in den Regionen Garmisch Partenkirchen, Bad Reichenhall oder Husum bis zu über fünf Prozent in Gotha und Dingolfing. Je höher die Arbeitslosenquote in einer Region, so die Analyse der Forscher, desto größer war der Anteil der Leiharbeiter an der Gesamtbeschäftigung. Überdurchschnittlich hoch war der Anteil zudem in Regionen, in denen Lagerwirtschaft und Metallbau stark vertreten sind.
Eric Seils, Helge Emmler: Leiharbeit im regionalen Vergleich (pdf), WSI-Policy Brief Nr. 35, Januar 2020