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Kurze Vollzeit funktioniert Böckler Impuls

30-Stunden-Woche: Kurze Vollzeit funktioniert

Ausgabe 09/2024

Wirkt sich eine substanzielle Verkürzung der Wochenarbeitszeit längerfristig auf Gesundheit, Work-Life-Balance und Zufriedenheit aus? Und funktionieren die Arbeitsabläufe noch zufriedenstellend, wenn alle kürzertreten?

Das haben Anna Arlinghaus, Céline Vetter und Johannes Gärtner am Beispiel einer Online-Marketing-Agentur in Österreich untersucht. Die Agentur mit heute rund 35 Beschäftigten hat die wöchentliche Arbeitszeit im Jahr 2018 schrittweise von 38,5 auf 30 Stunden gesenkt – bei vollem Lohnausgleich. Das Ziel: den Betrieb als Arbeitgeber attraktiver machen und die Beschäftigtenzufriedenheit erhöhen. Dem Wegfall von Arbeitszeit standen Maßnahmen zur Erhöhung der Produktivität gegenüber, etwa die Optimierung von Prozessen, neue Regeln für Meetings und die Einführung von Software zur Automatisierung von Tätigkeiten. 

Die Forschenden haben die Beschäftigten mehrfach befragt und Zeiterfassungsdaten ausgewertet. Auf diese Weise ergibt sich ein recht detailliertes Bild der Entwicklung in den ersten vier Jahren seit der Umstellung. So zeigen die Zeiterfassungsdaten beispielsweise, wie Beschäftigte die zusätzliche freie Zeit nutzten, nämlich überwiegend für einen früheren Feierabend an den Tagen von Montag bis Donnerstag. Arbeitsbeginn und Mittagspause blieben weitgehend unverändert. Freitags wurde früher Schluss gemacht als an den übrigen Wochentagen. Die unbezahlten Pausen wurden „vorrangig aus sozialen Gründen weiterhin genommen, auch wenn dies bei einem 6-Stunden-Tag rein rechtlich nicht notwendig wäre“.

Vier Jahre nach der Umstellung waren über 90 Prozent der Belegschaft zufriedener mit ihrer Arbeitszeit als früher und berichteten von einer deutlich besseren Work-Life-Balance. Ebenfalls neun Zehntel verbrachten aufgrund der kürzeren Arbeitszeit mehr Zeit mit der Familie und mit Hobbys. Rund zwei Drittel der Befragten wendeten mehr Zeit für gesunde Ernährung auf. 43 Prozent investierten mehr Zeit in Weiterbildung außerhalb der Arbeitszeit und 40 Prozent schliefen länger. Ihre Arbeitsaufgaben konnten die Beschäftigten nach eigenen Angaben trotz der kürzeren Arbeitszeit ohne übermäßige Belastung oder Ermüdung bewältigen.

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Anna Arlinghaus, Céline Vetter, Johannes Gärtner: Die 30-Stunden-Woche in der Praxis: Effekte einer Arbeitszeitverkürzung auf Gesundheit, Work-Life-Balance und Arbeitsorganisation, Zeitschrift für Arbeitswissenschaft 1/2024, März 2024

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