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HBS Böckler Impuls

Altersübergang: Kurzarbeit für die, die nicht mehr können

Ausgabe 14/2013

Wer unter körperlich belastenden Bedingungen arbeitet – etwa im Baugewerbe – hat oft Probleme, seinen Beruf bis ins Rentenalter auszuüben. Helfen könnte ein Kurzarbeitergeld speziell für den Altersübergang.

Wegen der Rente mit 67 müssen Beschäftigte immer länger arbeiten, um ein ausreichendes Alterseinkommen zu erreichen. Das Problem: In diversen Branchen haben Ältere große Schwierigkeiten, sich am Arbeitsmarkt zu behaupten, schreiben Martin Brussig und Manuela Schwarzkopf. Am Beispiel der Bauwirtschaft haben die Sozialwissenschaftler vom Duisburger Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) untersucht, wie Beschäftigte in körperlich anstrengenden Berufen mit dem Altersübergang zurechtkommen. Dafür haben sie umfangreiche Datensätze der Renten- und Arbeitslosenversicherung ausgewertet. Das Ergebnis ihrer von der Hans-Böckler-Stiftung geförderten Studie: Bauarbeiter wechseln überdurchschnittlich häufig den Beruf und sind vor dem Rentenbeginn oft arbeitslos oder krank. Eine mögliche Gegenmaßnahme wäre die Einführung eines Kurzarbeitergeldes für den Altersübergang, wie es die IG BAU entwickelt hat.

Den IAQ-Forschern zufolge sind die Bedingungen für lange Erwerbsphasen im Baugewerbe ausgesprochen ungünstig: Wegen der kleinbetrieblichen Struktur greife für einen beträchtlichen Teil der Arbeitnehmer der Kündigungsschutz nicht. Auch seien viele Modelle für altersgerechtes Arbeiten nicht auf die Bauwirtschaft übertragbar, weil sie auf Großbetriebe zugeschnitten sind. Dabei sei die Arbeit am Bau gesundheitlich außerordentlich belastend, nämlich physisch anstrengend, zudem oft verbunden mit ungünstigen Körperhaltungen und hohem Arbeitstempo. Da die meisten Tätigkeiten nur begrenzt mechanisierbar und Teilzeitjobs unüblich sind, gebe es kaum Einsatzmöglichkeiten für gesundheitlich Eingeschränkte.

Wie die Analyse der Wissenschaftler zeigt, ist der Anteil älterer Beschäftigter im Baugewerbe eher gering: Nur 11,7 Prozent der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Männer in dieser Branche sind 55 oder älter, branchenübergreifend sind es 14,3 Prozent. Der Grund: Viele Bauarbeiter müssten bereits im mittleren Alter aus ihrem Beruf ausscheiden – und dabei auch soziale Abstiege in Kauf nehmen, so Brussig und Schwarzkopf. Eine neue Stelle am Bau zu finden, werde mit zunehmendem Alter schwieriger. Wer im Alter von mindestens 60 Jahren aus einer Baubeschäftigung ausscheidet und nicht in Rente geht, ist den Berechnungen der IAQ-Forscher zufolge im Schnitt 80 Prozent der nächsten zwei Jahre arbeitslos. Weitere 17 Prozent dieser Zeit entfallen auf Krankheit. Das heißt: Wenn Über-60-Jährige ihren Job verlieren, verbringen sie fast 100 Prozent der folgenden zwei Jahre mit erzwungener Nichterwerbstätigkeit.

Mehr als jeder zweite Bauarbeiter wechselt aus Arbeitslosigkeit oder Krankheit oder als Aufstocker in die Altersrente. Besonders auffällig sei dabei der hohe Anteil derjenigen, die zuletzt von Arbeitslosengeld II leben mussten, also langzeitarbeitslos waren, schreiben Brussig und Schwarzkopf. Bei Bauhilfsarbeitern sei dieser Anteil mit über 27 Prozent fast dreimal so hoch wie unter sämtlichen Beschäftigten in Deutschland. Selbst qualifizierte Bauberufe wie Dachdecker, Zimmerer oder Gerüstbauer liegen mit rund 15 Prozent deutlich über dem Durchschnitt. Generell sei das Risiko, unmittelbar vor der Rente Hartz IV beziehen zu müssen, besonders stark ausgeprägt in Berufen mit vielen An- und Ungelernten und hohen physischen Belastungen. Die gibt es auch in anderen Branchen. Stark betroffen sind beispielsweise Hilfsarbeiter mit rund 33 Prozent, landwirtschaftliche Arbeitskräfte, Lagerarbeiter, Dienst- und Wachberufe sowie Tätigkeiten im Hotel- und Gaststättengewerbe.

Angesichts ihrer Ergebnisse halten die Autoren sozialrechtliche Reformen für notwendig, um das Problem prekärer Altersübergänge zu lindern. Ziel müsse es sein, auch bei gesundheitlichen Einschränkungen Erwerbstätigkeit zu ermöglichen und Notlagen zu vermeiden. So sollten ältere Beschäftigte die Möglichkeit haben, ihre Arbeitszeit zu reduzieren. Um den dadurch entstehenden Einkommensausfall auszugleichen, wäre ein Altersübergangs-Kurzarbeitergeld nötig. An der Finanzierung, so Brussig und Schwarzkopf, sollten neben dem Staat und der Arbeitslosenversicherung auch die Arbeitgeber beteiligt werden – denn die seien schließlich für die gesundheitsschädlichen Arbeitsbedingungen am Bau verantwortlich.

  • Das Risiko, unmittelbar vor der Rente Hartz IV beziehen zu müssen, ist besonders groß in Berufen mit vielen An- und Ungelernten und hohen physischen Belastungen. Zur Grafik

Altersübergänge in der Bauwirtschaft gestalten: Prekarisierung vermeiden - Erwerbsbeteiligung stärken, Abschlussbericht (pdf)

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