Quelle: HBS
Böckler ImpulsGriechenland: Konsolidierung ohne Schuldenschnitt
Die griechische Schuldenkrise lässt sich ohne Schuldenschnitt lösen, zeigen Berechnungen des IMK. Immer härtere Sparauflagen erschweren allerdings die Konsolidierung.
Fast täglich spitzt sich die Debatte um die griechischen Staatsfinanzen zu. Die Troika verlangt neue Sparprogramme, weil das Haushaltsdefizit erneut höher ausfallen dürfte als prognostiziert. Etliche Ökonomen fordern einen Schuldenschnitt. Damit würden die Europäer aber ohne Not unkalkulierbare Risiken eingehen, warnt das IMK. „Die bislang beschlossenen Hilfen – verbunden mit weiteren Liquiditätsgarantien zur Beruhigung der Finanzmärkte – bieten gute Voraussetzungen dafür, die griechische Schuldenquote schon in wenigen Jahren deutlich sinken zu lassen“, sagt Gustav Horn, der wissenschaftliche Direktor des IMK.
Die Forscher analysieren den Sparkurs in Griechenland und die Hilfspakete. Der griechischen Regierung attestieren sie erhebliche Konsolidierungserfolge. So sank das Haushaltsdefizit im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 15,4 Prozent 2009 auf 10,5 Prozent 2010. Für dieses Jahr wird ein Fehlbetrag von 8,5 Prozent erwartet. Zum Vergleich: Der Internationale Währungsfonds untersuchte weltweit zahlreiche Fälle, in denen Staaten ihr Defizit zurückfahren mussten. Im Durchschnitt betrug die Reduzierung dort nur 1,7 Prozentpunkte – in zwei Jahren.
Dass die Griechen gleichwohl die noch niedrigeren Defizit-Erwartungen der Troika verletzen, führt die IMK-Untersuchung nicht auf fehlenden Sparwillen zurück, sondern auf zu optimistische Annahmen zur Wirtschaftsentwicklung. Die Fachleute der Troika hätten schlicht unterschätzt, wie massiv die Sparpolitik das BIP schrumpfen lässt. Deshalb sei weiteres „Hinterhersparen“ auch keine Lösung, sondern verschärfe Konjunktur- und Defizitprobleme noch.
In ihren eigenen Simulationsrechnungen, welche die griechische Schuldenquote bis 2030 prognostizieren, kalkulieren die Wissenschaftler daher mit einem deutlich geringeren Wirtschaftswachstum als Folge des Konsolidierungskurses. Dieser Negativ-Faktor wird aber laut IMK mehr als ausgeglichen durch eine Erleichterung, die der erweiterte Rettungsschirm den Euro-Krisenländern bringt: Auf Hilfskredite müssen sie nicht mehr 5 bis 6 Prozent Zinsen zahlen, sondern im Schnitt lediglich 4,2 Prozent. Das trage wesentlich dazu bei, dass die griechische Schuldenquote ab 2016 kontinuierlich abnimmt – ganz ohne Schuldenschnitt. Die positive Entwicklung lasse sich noch fördern, wenn die Konsolidierungsvorgaben zeitlich gestreckt würden und damit das Wirtschaftswachstum stabilisiert werde, so das IMK.
Gustav A. Horn u.a.: Voraussetzungen einer erfolgreichen Konsolidierung in Griechenland. IMK Report 66, Oktober 2011 (pdf).