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HBS Böckler Impuls

Finanzpolitik: Kommunen chronisch unterfinanziert

Ausgabe 08/2009

Das zweite Konjunkturpaket hilft den Städten und Gemeinden, lange aufgeschobene Investitionen endlich zu ­realisieren. Doch Sonderprogramme sind keine Dauerlösung: Langfristig bräuchten die Kommunen mehr Geld für den normalen Haushalt.

Den Verfall der öffentlichen Infrastruktur konnten Städte und Gemeinden 2007 nicht aufhalten. Ihre Ausgaben reichten nur, um ihn zu bremsen. Technisch ausgedrückt: Die
Abschreibungen auf das Anlagevermögen der Kommunen überstiegen ihre Investitionen. Dabei wären nicht nur Reparaturen an bestehenden Schulen oder Straßen nötig, sondern auch Neuinvestitionen, die die Infrastruktur an die Bevölkerungs-, Verkehrs- und Wirtschaftsentwicklung anpassen. Der Finanzspezialist Michael Reidenbach, bis vor kurzem beim Deutschen Institut für Urbanistik tätig, hat ermittelt, wie hoch der kommunale Finanzbedarf in den kommenden Jahren ist. Auch die nötigen Mittel für Zweckverbände und Kommunalunternehmen sind in seiner Rechnung enthalten.

Die notwendige Investitionssumme für die Zeit bis 2020 beträgt dem Experten zufolge gut 700 Milliarden Euro. Davon entfallen allein 70 Milliarden auf den Nachholbedarf, der sich aus dem "Investitionsstau" der vergangenen Jahre ergibt. Gut 410 Milliarden Euro kostet die laufende Instandhaltung der bestehenden Infrastruktur. Knapp 220 Milliarden sind für Erweiterungen erforderlich.

Den größten Einzelposten bilden die nötigen Ausgaben für Straßen, Brücken, Fahrradwege, Verkehrsleitsysteme: 160 Milliarden Euro, von denen etwas mehr als die Hälfte für Neubauten, der Rest für Reparaturen aufgewendet werden müssten. Ebenfalls sehr großer Finanzbedarf besteht bei den Schulen. Sie müssen veränderten technischen, ökologischen und pädagogischen Anforderungen angepasst werden: energetische Sanierung, Computerräume, zusätzlicher Raumbedarf durch verdichtete Stundenpläne und Ganztagsbetrieb. So kommen trotz sinkender Schülerzahlen 73 Milliarden Euro zusammen.

Die 9,6 Milliarden Euro, die das zweite Konjunkturpaket der Bundesregierung für kommunale Investitionen vorsieht, seien "ein erfreulicher und unerwarteter Geldsegen" für Städte und Gemeinden, schreibt Reidenbach. Es müsse auf längere Sicht aber gelingen, die für das Funktionieren der kommunalen Infrastruktur notwendigen Mittel aus den regulären Haushalten zu generieren. 

  • Städten und Gemeinden fehlt das Geld, die öffentliche Infrastruktur in Ordnung zu halten. Zur Grafik

Michael Reidenbach: Investitionsstau und Investitionsbedarf bei den Kommunen, in: WSI-Mitteilungen 5/2009

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