Quelle: HBS
Böckler ImpulsAus- und Weiterbildung: Investition gegen Fachkräftemangel
Mehr Investitionen in die Aus- und Weiterbildung können einen Fachkräftemangel verhindern. Die Überschüsse der Bundesagentur für Arbeit (BA) wären damit gut angelegt.
Der Aufschwung am Arbeitsmarkt ist da, und schon klagen die ersten Branchen über einen Mangel an qualifizierten Bewerbern. Noch sind die Meldungen nicht besorgniserregend, analysiert Hartmut Seifert, Leiter des WSI. "Solche Engpässe bei der Rekrutierung von Fachkräften haben sämtliche Konjunkturaufschwünge der Vergangenheit begleitet."
In Zukunft könnte aber ein struktureller Arbeitskräftemangel die Wirtschaft belasten. Denn Betriebe und Arbeitsmarktpolitik sind auf die demografische Entwicklung bislang schlecht vorbereitet, so Seifert: Viele Jugendliche bleiben ohne Ausbildung, was sich bei einer schrumpfenden Erwerbsbevölkerung besonders drastisch auf die Fachkräfterekrutierung auswirken wird. Und bei der beruflichen Weiterbildung ist Deutschland unter den OECD-Ländern auf einen Platz im hinteren Mittelfeld zurückgefallen. So nahmen 1997 nach Daten des Berichtssystems Weiterbildung noch 42 Prozent der Beschäftigten an einer betrieblichen Weiterbildung teil. Die Quote sank auf nur noch 34 Prozent 2003, dem letzten Jahr, für das derzeit Daten vorliegen. Noch stärker zurückgegangen ist die öffentlich geförderte berufliche Weiterbildung. In diesem Segment brach die Teilnehmerzahl in den vergangenen fünf Jahren auf nur noch ein Drittel ein - vor allem, weil die Bundesagentur ihre Mittel stark zurückfuhr.
"Ausbildungslücken und Weiterbildungsabstinenz haben gravierende Folgen für die Innovationsfähigkeit", warnt der Forscher. Eine Trendwende sei deshalb nötig - und angesichts der guten Finanzlage der BA wäre sie auch finanzierbar: "Die zu erwartenden Überschüsse dürften ausreichen, neben der beruflichen Ausbildung auch die Weiterbildung zu fördern." So könnte die BA zum Beispiel mit externer Beratung kleinere und mittlere Betriebe unterstützen, die bei systematischer Personalentwicklung und Weiterbildung besonders oft Defizite haben. Mehr Engagement der BA dürfe aber nicht dazu führen, dass Unternehmen ihre eigenen Aktivitäten noch weiter reduzieren. "Es ist eine ureigenste Aufgabe der Betriebe, ihre Beschäftigten auf der Höhe des technisch-qualifikatorischen Standes zu halten", betont Seifert.
Hartmut Seifert ist Leiter des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts in der Hans-Böckler-Stiftung und Arbeitsmarkt-Experte