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HBS Böckler Impuls

Löhne: Herzzerreißend

Ausgabe 01/2017

Lohngerechtigkeit kann Leben retten: Wer sich unfair bezahlt fühlt, leidet eher an Herzkrankheiten.

Dass sie Gift für das Herz sind, weiß man seit langem von Zigaretten, zu fettiger Küche und mangelnder Bewegung. Dass dasselbe auch für unfaire Bezahlung gilt, hat ein Team um den Ökonomen Armin Falk von der Universität Bonn herausgefunden. Die Wirtschaftswissenschaftler, Mediziner und Soziologen haben sowohl ein Laborexperiment durchgeführt als auch repräsentative Befragungsdaten ausgewertet. Das Risiko, am Herz-Kreislauf-System zu erkranken, ist den Ergebnissen zufolge deutlich höher, wenn Beschäftigte ihr Gehalt als ungerecht empfinden.

Für das Experiment wurden 80 männliche Studenten der Universität Bonn zufällig in Paare aus Arbeitgebern und Arbeitnehmern eingeteilt. Die Aufgabe der Arbeitnehmer bestand darin, 25 Minuten lang in Tabellen mit Nullen und Einsen die Nullen zu zählen. Für jede korrekte Zählung gab es einen Betrag von drei Euro. Die Arbeitgeber sollten den erwirtschafteten Betrag anschließend zwischen sich und ihrem Arbeitnehmer aufteilen. Um einschätzen zu können, was in diesem Zusammenhang als faire Bezahlung gilt, hatten die Forscher zuvor Studenten befragt, die nicht am Experiment beteiligt waren. Die Arbeitnehmer, die im Schnitt 20,93 Euro Gewinn generiert hatten, erhielten durchschnittlich 9,53 Euro Lohn und damit gemessen an den Fairness-Standards der Befragten 4,10 Euro zu wenig.

Jeweils 15 Minuten nach Bekanntgabe der Gewinnaufteilung wurde bei den Arbeitnehmern die Herzfrequenzvariabilität gemessen, die ein Indikator für stressbedingte Beeinträchtigungen der Herzfunktion ist. Entspannung oder Freude gehen mit einer hohen Variabilität einher, mentaler Stress, Ärger oder Angst mit niedrigen Werten – die langfristig wiederum Herzkrankheiten begünstigen. Unfaire Löhne spiegeln sich in den Messergebnissen deutlich wider: Je größer die Ungerechtigkeit, desto niedriger fällt die Herzfrequenzvariabilität der Arbeitnehmer aus.

Um ihre experimentellen Befunde auf breiter empirischer Basis zu überprüfen, haben die Wissenschaftler zusätzlich Daten des Sozio-oekonomischen Panels ausgewertet. Auch hier bestätigt sich, dass Lohngerechtigkeit physiologische Auswirkungen hat: Beschäftigte, die sich unfair bezahlt fühlen, schneiden bei der subjektiven Gesundheit signifikant schlechter ab, wenn man Alter und Einkommen herausrechnet. Die Wahrscheinlichkeit eines ärztlich festgestellten Herzleidens steigt von 3 auf bis zu 4,1 Prozent. Faire Löhne seien also nicht nur geeignet, Arbeitsmoral und Motivation zu erhöhen, sondern auch gut für die Gesundheit, resümieren die Forscher.

Armin Falk u.a.: Unfair Pay and Health, SOEPpapers 870/2016
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