zurück
HBS Böckler Impuls

Mehrwertsteuererhöhung: Heilung fraglich, Nebenwirkung garantiert

Ausgabe 07/2006

Mit der Erhöhung der Mehrwertsteuer 2007 läuft die Große Koalition nicht nur Gefahr, den privaten Konsum - und damit den Aufschwung insgesamt - abzuwürgen, warnt das IMK. Am Beispiel Portugals zeige sich, dass eine solche Erhöhung nicht einmal nachhaltig niedrige Haushaltsdefizite garantiert.

Nach tiefen finanzpolitischen Einschnitten 2002, zu denen auch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um zwei Prozentpunkte gehörte, konnte die portugiesische Regierung zwar zunächst ihr Finanzierungsdefizit unter die Drei-Prozent-Marke drücken - eines der Kriterien für Mitglieder der Eurozone. Weil die höhere Steuer die konjunkturelle Entwicklung beeinträchtigte, flossen in der Folgezeit die Einnahmen schwächer, letztlich blieben die Defizite hoch.

"Das lässt auch für den Erfolg der Finanzpolitik in Deutschland nichts Gutes erwarten", schreibt das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in seiner jüngsten Konjunkturprognose. Die Kraft der Aufwärtsentwicklung 2006 werde nicht ausreichen, um den Schock der Mehrwertsteuererhöhung von 16 auf 19 Prozent ohne Wachstumsverluste aufzufangen. Die Wirtschaftsforscher befürchten für 2008 weitere Sparrunden mit den entsprechenden negativen Effekten für Wachstum und Beschäftigung.

Politisch scheint die Bundesregierung inzwischen auf die Erhöhung der Mehrwertsteuer festgelegt zu sein. Das IMK hält diese Entscheidung zwar für falsch, hat aber dennoch eine "Second-Best-Strategie" entwickelt: Die zwei Prozentpunkte aus der Steuererhöhung, die für die Haushaltskonsolidierung vorgesehen sind, sollten besser anderweitig verwendet werden. Zwölf Milliarden Euro könnten in öffentliche Investitionen, vier Milliarden Euro in die Bildung fließen. So würden in Schulen und Hochschulen 75.000 neue Stellen geschaffen, das Bruttoinlandsprodukt könnte um gut 0,7 Prozentpunkte stärker wachsen. Insgesamt entstünden sogar 175.000 neue Jobs. Trotz der erhöhten Staatsausgaben bliebe das Haushaltsdefizit mit 2,8 Prozent unter der Drei-Prozent-Marke. "Die pragmatische Strategie des IMK würde daher den prognostizierten Wachstumseinbruch vermeiden und die Beschäftigung spürbar erhöhen, ohne dabei das Ziel der Haushaltskonsolidierung zu gefährden.

  • Das Beispiel Portugal führt vor, welche Folgen eine Erhöhung der Mehrwertsteuer haben kann. Zur Grafik

Wirtschaftliche Entwicklung 2006 und 2007, IMK Report Nr. 9 April 2006
Download (pdf)

Impuls-Beitrag als PDF

Der Beitrag wurde zu Ihrerm Merkzettel hinzugefügt.

Merkzettel öffnen