Quelle: HBS
Böckler ImpulsGefährdungsbeurteilung: Gesunde Arbeit im digitalen Zeitalter
Erwerbsarbeit muss mehr leisten als Einkommen zu generieren. Sie soll auch Sinn stiften und muss so organisiert sein, dass sie die Gesundheit der Beschäftigten nicht gefährdet. Darauf macht die von der Hans-Böckler-Stiftung initiierte Expertenkommission „Arbeit der Zukunft“ aufmerksam.
In den 1970er- und 1980er-Jahren habe es bereits ein Forschungs- und Aktionsprogramm gegeben, das sich unter dem Titel „Humanisierung der Arbeitswelt“ einer menschengerechten Arbeitsgestaltung verschrieben hatte. In den letzten beiden Dekaden sei es um die Frage nach humanen Arbeitsbedingungen jedoch relativ still geworden, schreiben die Arbeitsmarktexperten. Allerdings sei das Thema von höchster Aktualität, wenn die Digitalisierung in vielen Betrieben die tradierten Prozesse über den Haufen wirft und völlig neue Job-Profile entstehen.
Um die Gesundheit der Beschäftigten zu erhalten, dringt die Kommission darauf, zunächst die bestehenden Instrumente anzuwenden – aber konsequenter als in der Vergangenheit. Das gilt insbesondere für die bereits heute vorgeschriebenen, aber nur von jedem zweiten Unternehmen umgesetzten Gefährdungsbeurteilungen. Damit lassen sich Arbeitsumstände, die krank machen, systematisch erfassen und in der Folge systematisch verbessern. Aus Sicht der Kommission müssten Betriebe durch verstärkte Kontrollen und Sanktionen wirksam zu Gefährdungsbeurteilungen verpflichtet werden, wobei kleinere Firmen Unterstützung bei der Anfertigung erhalten sollten. Weiterhin seien die Standards zu konkretisieren. Beispielsweise würden dort, wo es bereits heute Gefährdungsbeurteilungen gibt, oft die psychischen Belastungen unter den Tisch fallen. Diese Lücke ist den Arbeitsmarktexperten zufolge dringend zu schließen. Gerade Geringqualifizierte stünden häufig unter Druck durch hohe Anforderungen bei gleichzeitiger Arbeitsplatzunsicherheit. Besonders wichtig ist den Experten weiterhin „die direkte Beteiligung der Beschäftigten“. Belegschaftsbefragungen und Zugang zu Beratung am Arbeitsplatz seien nötig, um den Ursachen von Beschwerden auf die Spur zu kommen.
„Um das Instrument in den Augen der Belegschaften nicht zu delegitimieren“, müssen am Ende des Prozesses natürlich auch „konkrete Maßnahmen im Arbeitsalltag“ stehen. Missstände sollten nicht nur einmal dokumentiert, sondern auch regelmäßig überprüft und schließlich behoben werden.
Kerstin Jürgens, Reiner Hoffmann u.a.: Arbeit transformieren! Denkanstöße der Kommission „Arbeit der Zukunft“, Bielefeld 2017 (ab Seite 144)