Quelle: HBS
Böckler ImpulsLeiharbeit und Werkverträge: Gesetzentwurf mit Lücken
Die Bundesregierung will gegen den Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen vorgehen. Doch ihr aktueller Entwurf bleibt hinter den ursprünglichen Plänen zurück.
Die jüngste Regierungsinitiative zur Eindämmung prekärer Beschäftigung enthält Verbesserungen, geht allerdings in vielen Punkten nicht weit genug, so ein aktueller WSI-Report. Zudem falle die Gesetzesvorlage, zu der es Mitte Oktober eine Anhörung im Bundestag gibt, hinter den Koalitionsvertrag und frühere Vorlagen des Arbeitsministeriums zurück. Der Report listet auf, wo Nachbesserungsbedarf besteht. Die wichtigsten Punkte:
- Tarifvertragliche Ausnahmen von der 18-monatigen Höchsteinsatzdauer für Leiharbeitnehmer sollen dem geplanten Gesetz zufolge nicht nur für tarifgebundene Betriebe gelten. Stattdessen sollen durch Übernahme der entsprechenden Regelungen beziehungsweise aufgrund tariflicher Öffnungsklauseln auch in Firmen ohne Tarif Sonderregelungen möglich sein – sofern der Betriebsrat zustimmt. Die WSI-Wissenschaftler befürchten, dass viele Betriebsräte vom Management stark unter Druck gesetzt werden, damit sie unterschreiben. Außerdem nehmen diese Regelungen jeden Anreiz, sich der Tarifbindung zu unterwerfen.
- Zeitliche Obergrenzen hinsichtlich der Überlassungsdauer gelten nur für Personen, nicht für Arbeitsplätze. Das heißt: Alle 18 Monate können Leiharbeiter einfach ausgetauscht werden.
- Leiharbeitnehmer, die in Betrieben mit tariflich vereinbarter stufenweiser Anpassung der Entlohnung an die Bezahlung der Stammbelegschaft eingesetzt werden, müssen bis zu 15 Monate auf gleiches Geld für gleiche Arbeit warten. Im Koalitionsvertrag waren neun Monate vorgesehen. Zudem sollen übertarifliche Leistungen künftig nicht mehr mitzählen, wenn es darum geht zu bestimmen, welcher Lohn gleiche Bezahlung – „Equal Pay“ – bedeutet.
- Ein ursprünglich vorgesehener Katalog, der Kriterien für die Abgrenzung von missbräuchlichem und ordnungsgemäßem Fremdpersonaleinsatz vorsieht, fehlt – anders als noch in früheren Entwürfen des Arbeitsministeriums.
- Bei Inkrafttreten der Neuregelungen sollen vorher erbrachte Einsatzzeiten nicht auf die dann geltende Höchstüberlassungsdauer und Wartezeit für Equal Pay angerechnet werden. Auch künftig sollen nur Einsatzzeiten berücksichtigt werden, die nicht länger als drei Monate zurückliegen; hier sahen die früheren Entwürfe des Ministeriums noch sechs Monate vor.
- Betriebsräte sollen über den Einsatz von Leih- und Werkvertragsarbeit zwar informiert werden; echte Mitbestimmungsrechte erhalten sie jedoch nicht. Auch werden Leiharbeitnehmer nicht in allen Fällen als Beschäftigte des Betriebes mitgezählt – etwa wenn es darum geht, ob der Betrieb so groß ist, dass der Betriebsrat einen Sozialplan erzwingen kann.
- Die derzeit im Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgesehene Regelung, die den Einsatz von Leiharbeitern als Streikbrecher verhindern soll, bleibt hinter den Vereinbarungen des Koalitionsvertrages zurück.
Damit gebe es im Laufe des nun begonnenen Gesetzgebungsverfahrens noch viele Punkte, die dringend geändert werden sollten, um Leiharbeit auf ihre Kernfunktionen zurückzuführen und Missbrauch bei Werkvertragskonstellationen zu verhindern, so die Autoren des WSI-Reports. Positiv werten sie jedoch, dass Leiharbeitsfirmen, die sich nicht an die maximale Einsatzdauer halten, ihre Lizenz verlieren sollen – und die betroffenen Beschäftigten eine Arbeitsstelle im Entleihbetrieb bekommen.
Nadine Absenger u.a.: Leiharbeit und Werkverträge, WSI-Report Nr. 32, im Erscheinen