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HBS Böckler Impuls

Mitarbeiterkapitalbeteiligung: Fondsmodell mit Funktionsmängeln

Ausgabe 14/2009

Seit April 2009 ist ein Gesetz in Kraft, das Kapital­beteiligungen von Arbeitnehmern an ihrem Unternehmen stärker fördern soll als zuvor. Ob dies die Zahl der Beteiligungen merklich erhöhen wird, ist zweifelhaft.

Die Neuregelung besteht aus zwei Komponenten: höheren Frei- beziehungsweise Förderbeträgen und einem neuen Fondsmodell. Zum einen können Arbeitgeber einem Beschäftigten nun jährlich Firmenanteile im Wert von bis zu 360 Euro übertragen, ohne dass der Mitarbeiter diesen Betrag versteuern oder Sozialversicherungsbeiträge darauf entrichten muss. Hinzu kommt eine leicht erhöhte Arbeitnehmersparzulage. Zum anderen hat der Gesetzgeber eine neue Art Investmentfonds eingeführt: das so genannte Mitarbeiterbeteiligungs-Sondervermögen, das Arbeitnehmerbeteiligungen bündeln und gleichzeitig eine Streuung des Anlagevermögens über mehrere Unternehmen und Wertpapierarten ermöglichen soll. Ein im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung erstelltes Gutachten hat die neuen Regelungen auf ihre
Praxistauglichkeit überprüft. Dabei zeigten sich unter anderem diese Schwachstellen: 

Die erhöhten Freibeträge sind immer noch vergleichsweise niedrig. Keiner der anderen EU-Staaten, die Kapitalbeteiligungen mit Steuerfreibeträgen fördern, zieht die Grenze unter 1.000 Euro. "Messbare Effekte im Sinne einer nachhaltigen Verbesserung der wirtschaftlichen Teilhabersituation" dürften sich dem Gutachten zufolge durch die Gesetzesänderung in Grenzen halten. 

Das Gesetz schließt im Gegensatz zur früheren Regelung alle Fälle von der Förderung aus, in denen Beteiligungsangebote nicht zusätzlich - "on top"- zum normalen ­Arbeitsentgelt gezahlt werden. In der Krise erweist sich diese eigentlich zum Schutz der Arbeitnehmer gedachte Regel jedoch als problematisch: Sie erlaubt gerade im Sonderfall der Unternehmenssanierung durch Gehaltsverzicht zugunsten von Kapitalbeteiligung keine steuerliche Förderung. 

"Auffallend ist, dass das Gesetz arbeitsrechtliche Fragestellungen vollständig ausblendet." Dabei wäre es nahe liegend gewesen, dem Betriebsrat ausdrücklich Mitwirkungsrechte bei der Einführung von Kapitalbeteiligungen einzuräumen, so das Gutachten.

Das neue Fondsmodell: weder für Unternehmen noch für Arbeitnehmer attraktiv. Für die noch zu gründenden Fonds, an denen Beschäftigte sich mit steuerfrei vom Arbeitgeber gewährten Extra-Leistungen oder ihren Ersparnissen beteiligen können, gelten eine Reihe spezieller Vorschriften. Unter anderem sollen mindestens 60 Prozent in Anteilen an Unternehmen angelegt werden, die ihren Mitarbeitern freiwillige Leistungen zum Erwerb von Fondsanteilen anbieten. Insgesamt muss das Fondsvermögen auf wenigstens fünf verschiedene Unternehmen verteilt werden. Dahinter steht ein Kompromiss zwischen zwei sich widersprechenden Zielen: Einerseits soll Risikostreuung die Geldanlage sicherer machen, andererseits soll ein möglichst enger Bezug zwischen Arbeitnehmer und seinem eigenen Unternehmen bestehen bleiben, in das er qua Fonds investiert.

Das Gutachten bemängelt, dass so "weder die Vorteile der einen noch der anderen Strategie zum Tragen kommen können": Für eine effektive Risikostreuung müsste das Anlagespektrum wesentlich breiter sein. Um die Identifikation der Beschäftigten mit ihrem Unternehmen, ihre Motivation und damit Produktivität zu erhöhen, müsste die finanzielle Verbindung hingegen viel enger sein.

Die Autoren des Gutachtens bezweifeln zudem, dass die neue Fondskonstruktion realisierbar und wirtschaftlich attraktiv genug ist, um genügend Unternehmen zu finden, die sich beteiligen. Weder Unternehmen noch Arbeitnehmer haben Einfluss auf die Anlagepolitik der Fonds: An welche Un-ternehmen die vorhandene ­Liquidität zurückfließt, welche ökonomischen, ökologischen und ethischen Kriterien dabei berücksichtigt werden, ist allein Sache der Fondsverwaltung. Ein Unterschied zu "normalen" Fonds ist damit kaum noch gegeben. Für die Arbeitnehmer stellt sich außerdem die Frage, ob solche Fonds eine zufrieden stellende Rendite abwerfen. Schließlich erfordert das Management nicht-standardisierter und illiquider Vermögenstitel wie GmbH-Beteiligungen einen großen Verwaltungs-, Beratungs- und Vertriebsaufwand. Und das drückt in Form hoher Ausgabeaufschläge und Provisionen auf die Verzinsung.  

  • Ob das Instrument Mitarbeiterbeteiligungs-Sondervermögen jemals genutzt wird, ist fraglich. Die Konstruktion könnte sich sowohl aus Sicht der Unternehmen als auch aus Arbeitnehmerperspektive als unattraktiv erweisen. Zur Grafik

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