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Fast jede zweite neue Stelle befristet Böckler Impuls

Junge Beschäftigte: Fast jede zweite neue Stelle befristet

Ausgabe 16/2024

Trotz eines Rückgangs in den letzten Jahren sind immer noch knapp 40 Prozent der Neueinstellungen befristet, bei jungen Beschäftigten sogar fast die Hälfte.


37,8 Prozent aller neu eingestellten sozialversicherungspflichtig Beschäftigten erhielten Ende 2023 zunächst nur einen befristeten Arbeitsvertrag. In der Altersgruppe der unter 25-Jährigen war sogar fast jede zweite Neueinstellung befristet. Immerhin sinkt die Quote langsam: Gegen Ende der Coronakrise im vierten Quartal 2021 betrug der Anteil befristeter Verträge an allen Neueinstellungen noch 42 Prozent. Je nach Region und Branche gibt es große Unterschiede. Das zeigt eine Analyse von Eric Seils und Helge Emmler vom WSI, die auf den jüngsten verfügbaren Daten der Bundesagentur für Arbeit von Ende 2023 basiert.

„Nach wie vor sind viele Arbeitgeber der Meinung, Beschäftigte einfach mal unverbindlich ‚ausprobieren‘ zu können. Insbesondere junge Menschen beim Einstieg ins Berufsleben erleben so problematische Phasen der Unsicherheit, die den Blick auf die Arbeitswelt auch über längere Zeiträume prägen können“, ordnet Bettina Kohlrausch, wissenschaftliche Direktorin des WSI, die Ergebnisse ein. „Dabei sticht unter anderem der Wissenschaftsbereich besonders negativ heraus. Generell gilt: Man kann nicht einerseits über Arbeitskräftemangel und Brain-Drain klagen und andererseits nach wie vor fast vier von zehn Neuanstellungen nur befristet vornehmen.“  

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Den bundesweit höchsten Anteil befristeter Beschäftigungsverhältnisse weist mit 62,5 Prozent die Universitätsstadt Heidelberg mit ihrem großen Universitätsklinikum auf. Dicht gefolgt von Köln, wo die Medien- und Werbebranche ein erhebliches Gewicht hat und zuletzt 62,2 Prozent der sozialversicherungspflichtigen Neueinstellungen befristet waren. An dritter Stelle folgt Potsdam mit 59 Prozent, was nicht zuletzt auf die dort ansässige Filmindustrie zurückzuführen sein dürfte. Den geringsten Anteil befristeter Neueinstellungen haben Landkreise wie Tirschenreuth mit 16,8 Prozent, Neustadt an der Weinstraße mit 17,5 Prozent und Coburg mit 19 Prozent.

Mit Ausbildung seltener befristet

Betrachtet man die Qualifikation, so müssen sich 50,2 Prozent der Beschäftigten ohne Ausbildungsabschluss mit einem befristeten Vertrag begnügen, wenn sie eine neue Stelle antreten. Mit Hochschulabschluss sind es 41,1 Prozent. Bei Personen mit abgeschlossener Berufsausbildung ist der Anteil deutlich geringer, aber auch von ihnen erhalten 27,6 Prozent zunächst nur eine befristete Stelle.

In einigen Berufen sind befristete Einstellungen besonders häufig: So sind Beschäftigte in darstellenden und unterhaltenden Berufen in mehr als neun von zehn Fällen betroffen. Das Gleiche gilt für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Sehr niedrige und zudem seit einigen Jahren rückläufige Befristungsquoten finden sich dagegen mit 12,7 Prozent in den Hoch- und Tiefbauberufen sowie Ausbauberufen. Auch bei den häufig gering entlohnten Arzt- und Praxishilfen wird mit 11,6 Prozent nur noch in geringem Umfang befristet eingestellt.

Junge und Ältere am stärksten betroffen

Jüngere Beschäftigte sind nach wie vor überdurchschnittlich von Befristungen betroffen. So erhielten von den Neueingestellten unter 25 Jahren rund 48,4 Prozent nur einen befristeten Arbeitsvertrag, bei den 25- bis 54-Jährigen waren es rund 35,1 Prozent. Bei den Neueinstellungen der 55- bis unter 65-Jährigen sinkt der Anteil knapp unter ein Drittel, um dann im Rentenalter wieder stark anzusteigen: Mehr als die Hälfte aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse von Menschen im Rentenalter waren 2023 befristet. Die Bundesregierung plant in ihrer jüngst veröffentlichten Wachstumsinitiative, die befristete Einstellung Älterer zu erleichtern. Es bestehe jedoch kein Anlass, die geltenden Regeln zu ändern, so WSI-Forscher Seils. Wenn Betriebe von den Erfahrungen und Fähigkeiten dieser Altersgruppe profitieren wollten, liege es an ihnen, attraktive Arbeitsbedingungen zu schaffen.

Eric Seils, Helge Emmler: Befristete Einstellungen – In der Stagnation, WSI Policy Brief Nr. 85, Oktober 2024

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