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HBS Böckler Impuls

Prekäre Beschäftigung: Erst Leiharbeit, jetzt Werkvertrag

Ausgabe 09/2013

Repräsentative Daten zum Missbrauch von Werkverträgen gibt es bislang nicht. Eine neue Untersuchung zeigt aber eine Tendenz auf: Werkverträge verdrängen in manchen Betrieben und Branchen das Normalarbeitsverhältnis.

Nachdem Leiharbeit über Tarifverträge, Gesetzesänderungen und die Rechtsprechung wieder schärfer reguliert ist, missbrauchen manche Unternehmen nun die an sich unproblematischen Werkverträge. Dabei vergeben sie Aufgaben, die bislang Stammbeschäftigte übernommen haben, an eine externe Firma. Deren Mitarbeiter arbeiten nun dort, wo vorher die Stammbeschäftigten des Auftraggebers gearbeitet haben und nutzen die gleichen Maschinen und Anlagen. „Zielsetzung dieser Konstruktion scheint es zu sein, tarifvertragliche, arbeits- und mitbestimmungsrechtliche Ansprüche der (Stamm-)Beschäftigten“ zu umgehen, fassen Hartmut Klein-Schneider aus der Mitbestimmungsförderung der Hans-Böckler-Stiftung und der Betriebsräteberater Kai Beutler die Ergebnisse eines praxisorientierten Forschungsprojekts zusammen: Arbeitsbedingungen und Entgelte der Werkvertragsbeschäftigten lägen dabei meist weit unterhalb der sonst im Unternehmen üblichen Standards. Häufig würden sogar Arbeitsschutzgesetze massiv verletzt.

Bislang gibt es keine repräsentativen Befunde zum Missbrauch von Werkverträgen. Da keine amtliche Statistik existiert, fehlen schlicht die Daten. Um diese Lücke ansatzweise zu schließen, hat Beutler Betriebsratsmitglieder in zehn ausgewählten Branchen auf gewerkschaftlichen Branchenkonferenzen befragt. Die Daten seien zwar nicht repräsentativ für die gesamte Industrie, zeigten aber eine Entwicklungsrichtung an: Demnach arbeiten etwa in Schlachthöfen nur noch 20 Prozent der Beschäftigten in einem Normalarbeitsverhältnis. Dagegen seien 75 Prozent Beschäftigte von Werkvertragsunternehmen und etwa 5 Prozent Leiharbeiter. In der Getränkeindustrie sind laut der Befragung etwa 10 Prozent der Beschäftigten über Werkvertragsfirmen angestellt, in der Zuckerindustrie circa 20 Prozent, in den Werften knapp 20 Prozent und in der Fleischindustrie etwa 35 Prozent.

Eine im Rahmen des Projekts erstellte Fallstudie zeigt die Entwicklung exemplarisch auf: In dem untersuchten Betrieb eines Getränkeunternehmens ist der Anteil der Stammbeschäftigten seit 2006 um etwa 20 Prozentpunkte gesunken. Die Leiharbeit stieg dort zunächst von knapp 5 auf 14 Prozent, fiel inzwischen aber wieder auf weniger als 2 Prozent. Während die Leiharbeit ab 2008 abnahm, stieg der Anteil der Werkvertragsarbeit von null auf fast 25 Prozent.

Hartmut Klein-Schneider, Kai Beutler: Werkvertragsunternehmen: Outsourcing auf dem Betriebsgelände, in: WSI-Mitteilungen 2/2013

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