Quelle: HBS
Böckler ImpulsArbeitsbedingungen: Erschöpfte Beschäftigte
Ein Viertel der Beschäftigten schafft die Arbeit oft nicht in der vorgegebenen Zeit, jeder Dritte hat Probleme, nach der Arbeit abzuschalten. Der Arbeitsschutz muss nachgebessert werden.
Gute Arbeit fördert Wohlbefinden und Gesundheit, dauernde Überlastung macht krank. Erschöpfung, Burnout, Depression sind häufig die Folge von Stress im Job. „Die Steuerung der Arbeitsintensität auf ein gesundheitsverträgliches Niveau“ sei daher eine „Grundvoraussetzung für die menschengerechte Gestaltung von Arbeit“, heißt es im aktuellen Report zum DGB-Index Gute Arbeit. Allerdings zeigt der Report, dass diese Prämisse im Arbeitsalltag allzu häufig nicht erfüllt ist. So fühlen sich 53 Prozent der Beschäftigten bei der Arbeit häufig gehetzt, wie eine repräsentative Befragung von über 6500 Arbeitnehmern ergab. 26 Prozent geben an, dass sie die Arbeit oft nicht in der vorgesehenen Zeit schaffen. In der IT-Branche und in naturwissenschaftlichen Berufen sind es sogar 35 Prozent.
Die Konsequenz: 28 Prozent der Befragten verkürzen ihre Pausen oder lassen sie ganz ausfallen, um mit der Arbeit hinterherzukommen. Unter denen, die angeben, ihre Arbeitsmenge sei häufig oder sehr häufig zu hoch, ist es fast die Hälfte. Außerdem können 34 Prozent aller Befragten nach der Arbeit oft nicht abschalten. Selbst wenn der Körper nach Erholung verlangt, meinen viele, sich keine Auszeit gönnen zu können: Zwei Drittel der Beschäftigten sind in den zwölf Monaten vor der Befragung mindestens einmal zur Arbeit gegangen, obwohl sie sich „richtig krank gefühlt haben“.
Ein relativ großer Teil der Beschäftigten empfindet seine aktuelle Tätigkeit als so belastend, dass er davon ausgeht, den Job nicht bis zum Rentenalter durchzuhalten. Unter den Nicht-Studierten sind dies rund 55 Prozent, unter den Akademikern 33. Ein wichtiger Grund für die verbreitete Überlastung ist dem Report zufolge die in vielen Betrieben zu knapp bemessene Personaldecke. 38 Prozent der Arbeitnehmer müssen oft länger oder mehr arbeiten, weil Kollegen fehlen.
Angesichts dieser Befunde sei eine Stärkung des gesetzlichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes nötig, so der Report. „Viele Arbeitgeber vernachlässigen ihre gesetzliche Pflicht, eine menschengerechte Gestaltung der Arbeit zu gewährleisten. Das zentrale präventive Instrument des Arbeits- und Gesundheitsschutzes – die Gefährdungsbeurteilung – wird in der Mehrheit der Betriebe gar nicht oder nur unzureichend umgesetzt.“ Daher müsse das Arbeitsschutzgesetz um eine Verordnung ergänzt werden, „die den aktuellen Stand der arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse zu psychischen Gefährdungen berücksichtigt“.
DGB-Index Gute Arbeit, Report 2019: Arbeiten am Limit (pdf), Dezember 2019