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HBS Böckler Impuls

Steuern: Erbfall: Betriebe kaum gefährdet

Ausgabe 16/2007

Im Zuge der Erbschaftsteuerreform könnten Betriebsvermögen sogar stärker geschont werden als bisher. Notwendig wäre das nicht, zeigt eine Analyse von Professor Joachim Wieland.

Das Bundesverfassungsgericht hat eine Reform bis Ende nächsten Jahres angemahnt. Es hatte bemängelt, dass Immobilien und Betriebsvermögen bei der Festsetzung der Erbschaftsteuer teilweise stark unterbewertet werden. Grundlage der Besteuerung sämtlicher Vermögensarten müsse der tatsächliche, einheitliche Verkehrswert sein. Erst in einem zweiten Schritt sei es dann zulässig, etwa Betriebsvermögen oder Immobilien im Vergleich zu Geldvermögen zu privilegieren. Allerdings müssten solche Vergünstigungen durch das Gemeinwohl gerechtfertigt sein.

Eine Abschaffung der Erbschaftsteuer steht dabei nicht zur Debatte. In einem sozialen Rechtsstaat ist eine solche Steuer grundsätzlich sachgerecht, so Wieland. Denn: "Ein Erbfall erhöht die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Erben." Verfassungsrechtlich sei deswegen auch die reine Beseitigung der Verfassungswidrigkeit unproblematisch. Politisch sei dies jedoch wegen der höheren Steuerbelastung umstritten, stellt der Professor für Öffentliches Recht, Finanz- und Steuerrecht an der Universität Frankfurt fest.

Bislang wird Betriebsvermögen nur mit etwa 45 Prozent seines tatsächlichen Werts bewertet. Darüber hinaus gelten weitere Vergünstigungen:

  • ein Freibetrag in Höhe von 225.000 Euro, unabhängig vom Verwandtschaftsgrad des Erben;
  • ein Bewertungsabschlag von 35 Prozent, wenn das Vermögen den Freibetrag überschreitet;
  • die Möglichkeit, die Steuerzahlung für bis zu zehn Jahre zinslos zu stunden.

Betriebserben ausreichend begünstigt

Beim aktuell geltenden Steuerrecht gebe es keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Steuerlast eine Betriebsfortführung gefährde, so Wieland. Denn die Möglichkeit der Stundung werde kaum genutzt: 2005 lagen die Erbschaftsteuerstundungen nach Zahlen des Bundesfinanzministeriums bei 89 Millionen Euro, die Einnahmen aus der Steuer bei 4,1 Milliarden. Schon die jetzigen Begünstigungen seien also sehr großzügig für den Differenzierungsgrund "Schutz der Betriebe", stellt der Juraprofessor fest.

Ende Oktober will nun eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe einen Vorschlag vorlegen. In der Diskussion stehen verschiedene Steuersätze und Freibeträge, die künftig für das dann teilweise deutlich höher bewertete Immobilien- und Betriebsvermögen gelten sollen. Ziel ist eine steuerliche Privilegierung des Generationswechsels in Unternehmen gegenüber anderen Erbfällen. Die Begründung: Niemand solle wegen der Erbschaftsteuer seinen Betrieb aufgeben müssen - und so Arbeitsplätze vernichten.

Bereits vor dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts im November 2006 hatte das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf beschlossen, der unter anderem ein Erlöschen der Steuerschuld in zehn Jahresraten vorsieht, das so genannte Abschmelzmodell. Die Bedingungen:

  • Der Nachfolger führt das Unternehmen zehn Jahre fort.
  • Das Unternehmen bleibt nach Umsatz, Auftragsvolumen, Betriebsvermögen und Anzahl der Arbeitnehmer in etwa gleich groß.

Auch soll lediglich das produktive Vermögen eines Betriebes zur Besteuerung herangezogen werden. "Eine solche Neuregelung ist jedoch nicht zu rechtfertigen", urteilt Wieland. "Die Leistungsfähigkeit der Erwerber von Betriebsvermögen ist nicht vermindert." Gerade das Streichen der Steuerschuld sei nicht erforderlich, da es die Steuerstundung als milderes Mittel gebe. Der Jurist befürchtet daher weit reichende Mitnahmeeffekte, "denn die Betriebsfortführung ist praktisch der Regelfall".

Inzwischen haben Wirtschaftsverbände das lange Zeit von ihnen favorisierte Abschmelzmodell wieder in Frage gestellt. Stattdessen wird nun auch das so genannte Niedrigtarifkonzept diskutiert: Danach würden alle Vermögensarten gleich niedrig besteuert. Egal, wie der Kompromiss der Arbeitsgruppe aussehen wird: Die Reform soll nach den Vorgaben der Bundesregierung aufkommensneutral ausfallen.

"Dabei wäre es durchaus realistisch, mit einer reformierten Erbschaftsteuer ein Mehraufkommen von mehreren Milliarden Euro zu erzielen, ohne dass damit Omas kleines Häuschen betroffen wäre", sagt Achim Truger, Steuerexperte des IMK. Diese zusätzlichen Einnahmen flössen direkt den Bundesländern zu und könnten dort unmittelbar für Bildungsinvestitionen eingesetzt werden, so Truger. Mit einer Milliarde Euro Mehraufkommen könnten, vorsichtig gerechnet, zum Beispiel bundesweit über 10.000 Lehrerstellen geschaffen werden.

  • Erbschaftsteuern tragen in den meisten Ländern nur wenig zu den Staatseinnahmen bei - besonders wenig in Deutschland. Zur Grafik

Joachim Wieland: Kritisches zur geplanten Erbschaftsteuerreform, Vortrag auf dem Workshop "Die Steuerpolitik der großen Koalition auf dem Prüfstand" von WSI und IMK, Berlin, Mai 2007.

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