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HBS Böckler Impuls

Mindestlohn: Entsendegesetz: Erste Etappe zum Mindestlohn

Ausgabe 06/2005

Im Kampf gegen Lohndumping ist die Ausweitung des Entsendegesetzes ein richtiger Schritt. Um jedoch alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor Dumping zu schützen, muss ein gesetzlicher Mindestlohn her, argumentiert das WSI.

In Branchen, die unter das Entsendegesetz fallen, muss mindestens nach Tarif bezahlt werden. Das heißt aber im Umkehrschluss: Gibt es keinen Tarifvertrag, kann das Entsendegesetz nicht greifen. Keine beziehungsweise keine bundesweit geltenden Tarifverträge gibt es beispielsweise in der Landwirtschaft, in Teilen des Handwerks, des Hotel- und Gaststättengewerbes und auch in der so genannten Systemgastronomie: An der bekannt schlechten Bezahlung der "Mc-Jobs" bei Burger King, McDonald's und Co würde sich durch ein Entsendegesetz nichts ändern.

Kompliziert sind Branchen mit mehreren Tarifverträgen: Bei konkurrierenden Tarifverträgen etwa von DGB-Gewerkschaften und den so genannten christlichen Gewerkschaften besteht die Gefahr, dass durch Billigtarifverträge die Lohnstandards gesenkt werden. In stark regionalisierten Tarifbereichen müssten zahlreiche Verfahren in Gang gesetzt werden - neue, bundesweite Tarifverträge sind zwar denkbar, aber ob die Arbeitgeberverbände dazu bereit sind, ist unklar.

Doch auch eine Bezahlung nach Tarif ist noch lange keine Garantie für ein Einkommen oberhalb des Existenzminimums. Beispiel: Eine ausgebildete Friseurin in Sachsen verdient nach Tarif 615 Euro im Monat - und damit nicht einmal halb so viel, wie der Gesetzgeber als Pfändungsfreigrenze (das sind brutto 1.275 Euro) festgelegt hat. Bundesweit gibt es hunderte Tarifbereiche mit Niedriglöhnen von weniger als 1.000 Euro in West- und 670 Euro in Ostdeutschland. Das Entsendegesetz auf diese Tarife anzuwenden, hieße: Armutslöhne würden festgeschrieben und nicht beseitigt.

Die WSI-Wissenschaftler Reinhard Bispinck, Claus Schäfer und Thorsten Schulten plädieren aus diesem Grund für einen gesetzlichen Mindestlohn, der "gleichen Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort" garantiert. In einem Thesenpapier schlagen sie eine europaweite Regelung vor: Der Mindestlohn sollte kurzfristig mindestens 50 Prozent des nationalen Durchschnittslohns ausmachen - in Deutschland läge der Mindestlohn entsprechend bei 1.442 Euro im Monat (Basis 2003).

Das Prinzip der Tarifautonomie würde durch einen Mindestlohn nicht außer Kraft gesetzt, betont das WSI. Einen rein politischen Mindestlohn gebe es nur in den USA. In Großbritannien zum Beispiel haben die Tarifparteien einen maßgeblichen Einfluss bei der Festsetzung des gesetzlichen Mindestlohns. Auch in Frankreich, Irland, Spanien und Portugal fällt die Entscheidung über die Höhe des Mindestlohns im Zusammenspiel von Arbeitgebern, Gewerkschaften und der Politik.

Mindestlöhne in Deutschland könnten die Arbeitsbedingungen von mindestens drei Millionen Beschäftigten verbessern. Gleichzeitig könnten sie das Tarifsystem stabilisieren: "Es ist eine Illusion zu glauben, dass sich höhere Tariflöhne dem Druck durch eine wachsende Niedriglohn-Konkurrenz auf Dauer entziehen können", so Bispinck.

  • Im Kampf gegen Lohndumping ist die Ausweitung des Entsendegesetzes ein richtiger Schritt. Um jedoch alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor Dumping zu schützen, muss ein gesetzlicher Mindestlohn her, argumentiert das WSI. Zur Grafik

Reinhard Bispinck, Claus Schäfer, Thorsten Schulten: Argumente für einen gesetzlichen Mindestlohn, in: WSI-Mitteilungen 10/2004

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