Quelle: HBS
Böckler ImpulsGlobale Mindeststeuer: "Ein großer Schritt für mehr Steuergerechtigkeit"
Die Einigung auf eine weltweite Mindeststeuer für Großkonzerne ist ein Meilenstein im Kampf gegen Steuerdumping. Allerdings kann bei der Umsetzung noch einiges schiefgehen, sagt der Wirtschaftsweise Achim Truger. Im Interview erklärt er, wer Gewinner und Verlierer sein könnten.
Die Finanzminister der größten Handels- und Industriestaaten haben sich darauf geeinigt, dass Großkonzerne weltweit eine Mindeststeuer auf ihre Gewinne zahlen müssen. Wird damit globale Steuervermeidung endgültig abgestellt?
Truger: Nein, ganz so weit ist es noch nicht. Die Einigung ist aber ein großer Schritt gegen den globalen Steuersenkungswettlauf und für mehr internationale Steuergerechtigkeit. Internationale Konzerne werden sich schwerer der Besteuerung entziehen können, indem sie Staaten gegeneinander ausspielen.
Auf welcher Grundlage wird die Steuer bemessen?
Bislang verlagern viele internationale Konzerne aus steuerlichen Gründen Gewinne in Tochterunternehmen in Niedrigsteuerländern, um Steuern zu sparen. Liegt künftig die Besteuerung unter 15 Prozent, darf das Heimatland die Differenz zu den 15 Prozent für sich beanspruchen. Dadurch sinkt der Anreiz für die Gewinnverlagerung massiv. Ursprünglich war die neue US-Regierung mit 21 Prozent Mindestbesteuerung angetreten. Das wäre auch sinnvoll gewesen, weil es die Wirkung verstärkt hätte. Die 15 Prozent sind ein Kompromiss, der für die meisten Länder zustimmungsfähig war.
Welche Fragen sind noch offen? Wie groß ist die Gefahr, dass die Regelung bis zur Umsetzung noch verwässert wird?
Es müssen noch eine ganze Reihe von Details geklärt werden. Welche Ausnahmen werden einzelnen Ländern und Sektoren gewährt? Wie viele Länder sind am Ende wirklich bereit mitzumachen? Worauf genau wird die Mindeststeuer entrichtet? Manche Großkonzerne – beispielsweise Amazon – könnten der Steuer entgehen, weil ihre Gewinnmarge nicht hoch genug ist. Da kann tatsächlich noch einiges schiefgehen. Vor allem besteht die Gefahr, dass es noch lange dauert. Nachdem sich endlich auch die USA aktiv für eine Einigung einsetzen, sind die Chancen trotzdem so gut wie lange nicht.
Wer profitiert von einer globalen Mindeststeuer, wer verliert?
Gewinnen werden vor allem national tätige mittelständische Unternehmen, deren unfairer steuerlicher Wettbewerbsnachteil wegfällt. Verlieren werden große international tätige Konzerne, die in Zukunft mehr Steuern zahlen müssen. Und natürlich gewinnt der Fiskus und damit die Gesamtheit der Steuerzahlenden in den vom Steuerdumping betroffenen Ländern.
Wie sind die Auswirkungen auf Unternehmen und öffentliche Finanzen in Deutschland?
Das wird stark von der genauen Ausgestaltung abhängen. Von den deutschen Unternehmen wären von der Mindeststeuer wohl weniger als 1000 mit einem Umsatz von mehr als 750 Millionen Euro betroffen. Das Steueraufkommen in Deutschland könnte je nach Schätzungen um einige 100 Millionen oder einige Milliarden steigen. Gemessen am Gesamtsteueraufkommen von 800 Milliarden Euro keine Riesensumme, aber durchaus spürbar.
Zur Person
Achim Truger ist Professor für Sozioökonomie an der Universität Duisburg-Essen und Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung.