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HBS Böckler Impuls

Corporate Governance: ,,Ein europäisches Panama"

Ausgabe 08/2016

Die EU will europaweit die Ein-Personengesellschaft (SUP) einführen. Nach den aktuellen Plänen wäre sie eine Einladung, Steuern und Mitbestimmung zu vermeiden, erläutert der Unternehmensrechtler Sebastian Sick.

Kritiker nennen die geplante Societas Unius Personae, kurz: SUP, in einem Atemzug mit Briefkastenfirmen in Panama. Warum?

Die Strukturen sind ähnlich. Wie bei den Briefkastengesellschaften in Panama ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die SUP zur Identitätsverdunkelung, für kriminelle Machenschaften oder zur Unterwanderung nationaler sozialer, arbeitsrechtlicher oder steuerlicher Standards genutzt wird. Zwei Gründe: Erstens wäre es möglich, Gesellschaften „auf dem Papier“ in einem beliebigen Mitgliedstaat der EU zu gründen, obwohl sie ihren wirtschaftlichen Schwerpunkt tatsächlich in einem anderen Land haben. Zweitens fehlt es an für alle Mitgliedstaaten verbindlichen Mindeststandards der Identitäts- und Gründungskontrolle. Plakativ gesagt: Die SUP schafft ein „europäisches Panama“.

Welche Konsequenzen hätte die Einführung der SUP für die Arbeitnehmerrechte, vor allem für die Mitbestimmung?

Ähnlich wie bei ausländischen Rechtsformen könnte die Mitbestimmung ausgehebelt werden, weil auf eine im EU-Ausland gegründete SUP mit eigentlicher Tätigkeit im Inland kein deutsches Mitbestimmungsrecht Anwendung fände. Selbst Großkonzerne könnten die SUP für Vermeidungskonstruktionen nutzen. Außerdem warnt besonders die IG BAU zu Recht davor, dass die SUP auch als Instrument für Scheinselbständigkeit und Schwarzarbeit genutzt werden könnte.

Wer braucht die SUP überhaupt? Nützt sie mittelständischen Unternehmen?

Die SUP soll Unternehmensgründern und kleinen und mittelständischen Unternehmen ihre internationale Tätigkeit erleichtern. Die Frage ist mit Blick auf die Missbrauchsrisiken, ob sie diesem Ziel auch gerecht wird. Letztendlich wird es 28 verschiedene nationale Formen der SUP geben. Das vereinfacht nicht, das verkompliziert.

Bestehen Chancen, die Einführung der SUP noch ­abzuwenden­­ oder die Pläne im Sinne der Beschäftigten zu verbessern?

Aus dem EU-Parlament heraus wurde bereits starke Kritik an der SUP geäußert. Zu hoffen ist, dass das EU-Parlament den Vorschlag wegen der gravierenden Risiken ablehnt und das Vorhaben abgewendet wird.

Sebastian Sick ist Experte für Corporate Governance in der Abteilung Mitbestimmungsförderung der Hans-Böckler-Stiftung


Die Ein-Personengesellschaft (SUP)

Nach den Plänen von EU-Kommission und Rat soll die SUP online und mit minimalem Kapital innerhalb weniger Tage gegründet werden können. Damit soll zum Beispiel die Gründung von Tochtergesellschaften im Ausland vereinfacht werden. Die Rechtsform könnte aber auch dazu genutzt werden, den rechtlichen Firmensitz und den Ort des operativen Geschäfts voneinander zu trennen – damit könnten sich Unternehmen aussuchen, unter welches nationale Gesellschaftsrecht sie fallen.

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