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HBS Böckler Impuls

Autobranche: Druck auf Zulieferer bremst Innovationen

Ausgabe 07/2009

Outsourcing gilt als effektives Mittel, um Kosten zu senken. Doch es kann auch die Qualität der Produkte und somit die Marktposition von Unternehmen gefährden, wie Erfahrungen in der Autobranche belegen.

Die Probleme der amerikanischen Autokonzerne sind nicht nur darauf zurückzuführen, dass sie die falschen Fahrzeuge bauen. Sie haben ihre Wettbewerbsposition auch durch eine harte Outsourcing-Strategie verschlechtert, sagt Hans-Erich Müller, Professor an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin. Unternehmen wie Toyota und Nissan fallen hingegen durch gute Beziehungen zu den Lieferanten auf, erklärt der Betriebswirt, der im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung das Verhältnis von Herstellern und Zulieferern in den USA und Japan untersucht hat. Müller stellt fest: "Partnerschaftliche Beziehungen zu Lieferanten, Mitarbeitern und Kunden sind entscheidend nicht nur für Unternehmen, sondern auch für den Standort."

Die Auslagerung von Teilen der Produktion galt in der Autobranche seit Beginn der 1990er-Jahre als bestes Mittel, um Kosten zu sparen. Der Trend begann mit einer Studie des ­Massachusetts Institute of Technology (MIT) zum Produktionskonzept von Toyota. Die Annahme lautete: Toyotas Erfolgsgeheimnis sind die niedrigen Lohnkosten bei den Zulieferern. In der Folge wurde Toyota weltweit zum Vorbild für schlanke Produktion. General Motors (GM), Ford, PSA Peugeot-Citroën und andere lagerten ihre Komponentenfertigung aus. Mittlerweile ist die Wertschöpfungstiefe der Hersteller sehr gering. In Deutschland übernahmen sie im Jahr 2002 nur 35 Prozent der Wertschöpfung, bis 2015 sinkt dieser Anteil voraussichtlich auf 25 Prozent.

USA. GM spaltete 1991 sein Komponentenwerk ab und nutzte dann seine starke Stellung, um die Einkaufpreise zu drücken. Der neu gegründete Zuliefererkonzern Delphi versuchte zwar, weitere Aufträge von anderen Herstellern zu bekommen, schrieb jedoch jahrelang
Milliardenverluste.

Von 1978 bis 1997 baute GM in den USA 297.000 Mitarbeiter ab, etwa die Hälfte der Belegschaft. Der Konzern musste 2007 Verluste in Höhe von 39 Milliarden hinnehmen. Ein Grund dürften die schwierigen Beziehungen zu Lieferanten sein, so Müller: "Die Probleme der amerikanischen Automobilindustrie sind nicht allein mit einer verfehlten Modellpolitik und der durch die Kreditklemme ausgelösten Nachfrageschwäche zu erklären."

General Motors, Ford und Chrysler war es nicht gelungen, gute Beziehungen zu Lieferanten aufzubauen und daraus Wettbewerbsvorteile zu erzielen. Die Autobauer standen über Jahre in offenem Konflikt mit den Lieferanten. Sie schrieben Aufträge immer wieder neu aus, es gab wenig Informations-Austausch zwischen  beiden Seiten. Entsprechend investierten Lieferanten wie Delphi nur wenig Geld in Spezialanlagen, die besonders auf einen bestimmten Hersteller - zum Beispiel GM - zugeschnitten waren. Und das machte sich in mangelnder Qualität der Fahrzeuge bemerkbar.

Japan. Toyota galt nach der MIT-Expertise "als Referenz für Lean-Production". Allerdings sagte die MIT-Studie auch: "Nicht Outsourcing, sondern die Entwicklung der Partnerbeziehungen zu Lieferanten, Mitarbeitern und Kunden gehört zu den Erfolgsgeheimnissen von Toyota." Dieser Passus wurde oftmals übersehen, stellt der Berliner Betriebswirt fest. Bis heute bezieht die Toyota-Gruppe Müller zufolge nicht viel von außen. Nur 24 Prozent der Wertschöpfung stammen von externen Lieferanten, und von denen stehen die wichtigen in engem Kontakt zum Hersteller.

In Japan sind die Unternehmensgrenzen oft unscharf, schreibt Müller. Zulieferer und Hersteller seien verbunden durch eine gemeinsame Tradition in einem Großunternehmen, gleiche Unternehmensgewerkschaften, die gegenseitige Entsendung von Geschäftsführern. "Dieser hohe Grad von quasi-vertikaler Integration entspricht so gar nicht dem vermeintlich allgemeingültigen Trend zunehmender Verringerung der Wertschöpfungstiefe."

Toyota fertigt etwa 12 Prozent selbst, dazu kommt gut 64 Prozent der Wertschöpfung aus dem Unternehmens-Verbund. "Man ist sich bewusst, dass Outsourcing technische Stärken und Kernkompetenzen aushöhlen kann", schreibt Müller. Hinzu kommt ein Faktor, der bei der Beziehung zwischen GM und Delphi nur wenig Beachtung fand: "Toyota und Honda beziehen nicht viel aus Niedriglohn-Ländern; die Innovationsfähigkeit ihrer Zulieferer ist ihnen wichtiger als Lohnkosten."

Deutsche Hersteller hätten sich in den letzten Jahren immerhin bemüht, ihre Lieferantenbeziehungen nach dem Vorbild Toyota zu verbessern, sagt Müller. Nun in der Krise bestehe jedoch die Gefahr, dass der partnerschaftliche Ansatz wieder unter die Räder kommt.  

  • Die Gewinnmargen sinken dramatisch. Zur Grafik
  • Die Absatzflaute auf dem Automarkt trifft auch die Zulieferer. Zur Grafik

Hans-Erich Müller: Autozulieferer: Partner auch in der Krise? edition der Hans-Böckler-Stiftung, Düsseldorf 2009

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