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Die Boomer bei der Stange halten Böckler Impuls

Demografie: Die Boomer bei der Stange halten

Ausgabe 15/2024

Viele Unternehmen klagen über Schwierigkeiten, Fachkräfte zu gewinnen. Gleichzeitig tun sie zu wenig, um ein vorzeitiges Ausscheiden Älterer zu verhindern.

70 Prozent der sogenannten Babyboomer, der zwischen 1955 und 1969 Geborenen, wollen Umfragen zufolge vor Erreichen der Regelaltersgrenze in Rente gehen. Dabei wäre die Weiterbeschäftigung erfahrener Kolleginnen und Kollegen ein wichtiges Instrument, um aktuellen Schwierigkeiten bei der Personalgewinnung zu begegnen. Darauf weisen Max Keck und Martin Brussig vom Institut Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen (IAQ) hin. Im von der Hans-Böckler-Stiftung geförderten Projekt Alters­übergangsmonitor untersuchen die Wissenschaftler unter anderem die Arbeitswelt und den Arbeitsmarkt mit Blick auf Beschäftigte, die sich dem Ruhestand nähern. Die Fragestellung ihrer jüngsten Analysen: Was tun Unternehmen, um für ältere Beschäftigte attraktiv zu bleiben? 

Derzeit ist mindestens die Hälfte der Beschäftigten nicht bis zum regulären Renteneintrittsalter sozialversicherungspflichtig beschäftigt, so Keck und Brussig. Und wenn die kommenden Jahrgänge ihre Pläne umsetzen, wird sich daran nichts ändern. Ihre Absicht, vorzeitig aus dem Beruf auszuscheiden, begründen die Babyboomer meist mit der hohen Arbeitsbelastung und gesundheitlichen Problemen. Allerdings: Unter besseren Bedingungen – freiere Einteilung der Zeit, mehr Wertschätzung, bessere Zusammenarbeit im Team – wären drei Viertel der Ausstiegswilligen bereit, länger im Job zu bleiben. Hier sehen Keck und Brussig einen wichtigen Ansatzpunkt. Spezielle Maßnahmen, die den Verbleib im Arbeitsleben für Ältere attraktiver machen sollen, gibt es jedoch nur in 17 Prozent aller Betriebe, wie aus dem Betriebspanel des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung hervorgeht. Dabei werden sowohl Betriebe mit Betriebs- oder Personalrat befragt als auch solche ohne Beschäftigtenvertretung.

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Mitbestimmte Betriebe tun mehr für Ältere 

Viel besser als im Durchschnitt fällt die Quote bei mitbestimmten Betrieben aus. Denn neben Personalabteilung und direkten Vorgesetzten hat auch die Vertretung der Beschäftigten Einfluss auf die Arbeitsbedingungen – selbst wenn sie in Sachen „alternsgerechtes Arbeiten“ keine erzwingbaren Rechte besitzt. Fast 93 Prozent der Betriebe ab 20 Beschäftigten mit Betriebs- oder Personalrat bieten mindestens eine Maßnahme an, die auf die Bedürfnisse Älterer zugeschnitten ist, zum Beispiel spezielle Weiterbildung oder Leitbilder für alternsgerechtes Arbeiten, wie Daten der WSI-Betriebsrätebefragung zeigen. Grundsätzlich lassen sich die verschiedenen Programme den Forschern zufolge in zwei Gruppen einteilen: solche, die zu einer gezielten Entlastung Älterer führen, und solche, die der Förderung der Altersdiversität dienen, also etwa auf den Aufbau altersgemischter Teams zielen. 

Trotz der starken Verbreitung zumindest einzelner Maßnahmen sind die Betriebs- oder Personalräte in den meisten Betrieben der Auffassung, dass die Angebote nicht ausreichen, um den Bedarf zu decken. In einem Drittel der Fälle ist das Problembewusstsein der Geschäftsführung gering ausgeprägt, in ebenso vielen Betrieben hapert es an der Umsetzung altersgerechter Arbeitsbedingungen und lediglich bei einem Viertel kann von „ausdifferenzierten Angeboten“ gesprochen werden. 

Weiter zeigt sich: Existiert ein Tarifvertrag und steht ein Betrieb wirtschaftlich gut da, gibt es mit höherer Wahrscheinlichkeit gute Angebote für Ältere. Wo die Geschäftsführung die Arbeit des Betriebsrats behindert, ist das Gegenteil der Fall. Auffällig ist Keck und Brussig zufolge, „dass gerade in Betrieben, in denen ein Fachkräftemangel herrscht, die Wahrscheinlichkeit für eine schlechte Umsetzung der Maßnahmen besonders hoch ist“. 

„Die Ergebnisse sind ein Hinweis darauf, dass eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit durch eine weitere Erhöhung der Regelaltersgrenze nicht ausreicht, um bestehende Fachkräfteengpässe auszugleichen oder zukünftigen Fachkräfteengpässen zuvorzukommen“, schreiben die IAQ-Forscher. Zunächst gelte es, passgenaue Lösungen in Betrieben und Dienststellen zu entwickeln.

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