Quelle: HBS
Böckler ImpulsFinanzmarkt: Der doppelte Nutzen der Finanzmarkt-Regulierung
Nie waren in den vergangenen hundert Jahren die Einkommen der US-Amerikaner so ungleich verteilt wie unmittelbar vor den beiden großen Finanzkrisen.
Sowohl 1928 wie auch 2007 sicherten sich die reichsten zehn Prozent der US-Gesellschaft über 49 Prozent des Bruttoinlandsproduktes, deutlich mehr als in stabilen Phasen der Wirtschaftsgeschichte. Darauf hat der Verteilungsexperte David A. Moss hingewiesen. Der Harvard-Ökonom folgert aus dieser Beobachtung, dass ein hohes Maß an gesellschaftlicher Ungleichheit nicht nur das Leben der Armen erschwert - sondern auch für die Wohlhabenden ein Problem ist, weil ihre Vermögen dann von einem rapiden Wertverfall bedroht sind.
In der US-Geschichte gibt es, so Moss, eine erstaunliche Korrelation zwischen Einkommensungleichheit und Finanzmarktkrisen. Zusammenbrüche von Banken kamen bis 1933 häufiger vor. Als aber nach dem Crash von 1929 und der folgenden Weltwirtschaftskrise der US-Finanzmarkt reguliert wurde, verschwanden sie für gut 50 Jahre. Zwischen 1933 und 1983 gingen nur wenige Banken Pleite, der Staat musste kaum intervenieren. Die im Glass-Steagall-Gesetz festgelegte Trennung von Geschäfts- und Investmentbanken sowie andere Regeln sorgten für Stabilität. Erst in den späten 1980er-Jahren, nachdem die Regeln der Wall Street gelockert waren, traten Finanzkrisen wieder auf.
Die US-Einkommensungleichheit folgt einem ähnlichen Muster. In den 1920er-Jahren, also in Zeiten ungeregelter Finanzmärkte, polarisierten sich die Einkünfte der Amerikaner. Als aber die Finanzmärkte reguliert wurden, reduzierte sich auch die Ungleichheit der Einkommen. Sie blieb dann mehrere Jahrzehnte recht niedrig - ehe es ab etwa 1980 zur Deregulierung der Finanzmärkte kam und die frühere Ungleichheit wieder erreicht wurde.
David A. Moss, Harvard Business School 2010, Bank Failures, Regulation,and Inequality in the United States (pdf)