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Der betriebliche Gestaltungswille zählt Böckler Impuls

Vereinbarkeit: Der betriebliche Gestaltungswille zählt

Ausgabe 19/2020

Viele Eltern möchten sich Erwerbs- und Sorgearbeit gleichberechtigt aufteilen. Eine familienfreundliche Betriebskultur mit guten Vertretungsregelungen kann dazu beitragen.

Dass bei der Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit zwischen Müttern und Vätern Wunsch und Wirklichkeit oft auseinanderklaffen und wie sich diese Kluft verringern lässt, zeigt eine Studie, die Barbara Fulda von der Hans-Böckler-Stiftung gemeinsam mit Mareike Bünning und Lena Hipp vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) verfasst hat. Die Forscherinnen haben Daten einer Befragung ausgewertet, an der 2015 fast 900 Elternpaare mit mindestens einem Kind unter 13 Jahren teilgenommen haben.

Der Auswertung zufolge arbeiten Väter zu 90 Prozent in Vollzeit, die Hälfte der Mütter dagegen ist in Teilzeit berufstätig, ein Drittel gar nicht – ein Ungleichgewicht, das sich in der Coronakrise noch verschlimmert hat, wie eine WSI-Studie jüngst belegt hat. Die Wunscharbeitszeiten der Eltern liegen näher beieinander: Nur jeder fünfte der befragten Väter ist zufrieden, fast drei Viertel würden ihr Pensum gern um mindestens vier Wochenstunden reduzieren. Mütter möchten zu einem Drittel weniger arbeiten, zu einem Drittel mehr.

Ähnlich sieht es laut der Untersuchung bei der Elternzeit aus: Die nimmt eine deutliche Mehrheit der Mütter für mindestens ein Jahr in Anspruch, während es bei den meisten Vätern – wenn überhaupt – zwei Monate sind. 18 Prozent der Väter, die keine Elternzeit genommen haben, hätten das gern getan, gut die Hälfte derjenigen mit ein bis zwei Monaten hätte eine längere Auszeit bevorzugt. Viele Mütter wären dagegen gern früher ins Berufsleben zurückgekehrt.

Neben finanziellen Gründen seien für die unerfüllten Wünsche der Eltern vor allem betriebliche Rahmenbedingungen verantwortlich, schreiben die Wissenschaftlerinnen. Von denjenigen, die ungewollt in Vollzeit arbeiten, nennen 40 Prozent als Grund, dass sie ihr berufliches Fortkommen nicht gefährden wollen. 50 Prozent geben an, dass Teilzeit bei den Vorgesetzten unerwünscht ist. Auch wenn Elternzeit nicht wie gewünscht genommen werden kann, liegt das oft an Sorgen um die Karriere – und an fehlenden Vertretungen.    

„Die Betriebskultur ist entscheidend dafür, ob Eltern ihre Arbeitszeit- und Elternzeitwünsche umsetzen können oder aus Sorge vor beruflichen Nachteilen davor zurückschrecken“, so die Autorinnen. Besonders schwer hätten es Mütter und Väter, wenn im Betrieb eine „Verfügbarkeitskultur“ herrscht oder traditionelle Geschlechternormen dominieren. Helfen können dagegen transparente familienfreundliche Regelungen sowie eine gute Vertretungssituation, was voraussetzt, dass die Personaldecke im Betrieb nicht zu dünn ist. Betriebsräte und Gewerkschaften könnten hier einen Beitrag leisten, indem sie sich für passgenaue Arbeitszeitmodelle und einen Wandel der Betriebskultur einsetzen. Der Gesetzgeber wiederum sollte für kostengünstige und qualitativ hochwertige Kinderbetreuung sorgen, das Rückkehrrecht in Vollzeit ausweiten sowie die Zahl der Partnermonate beim Elterngeld von zwei auf vier aufstocken, empfehlen die Forscherinnen.

Mareike Bünning, Barbara Fulda, Lena Hipp: Wie Betriebe Eltern unterstützen und Gleichstellung fördern können, Policy Brief Nr. 6 der HBS-Forschungsförderung, November 2020

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