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HBS Böckler Impuls

Kommunen: Den Verfall stoppen

Ausgabe 17/2018

Auf kommunaler Ebene herrscht zum Teil ein erheblicher Investitionsstau. Um den zu überwinden, sollte der Bund dauerhaft mehr Geld zur Verfügung stellen.

Rieselnder Putz, unbenutzbare Toiletten, altertümliche Technik: Deutsche Schulen sind zum Teil in einem beklagenswerten Zustand. Um dem Verfall Einhalt zu gebieten, will die Bundesregierung den Kommunen, die für Investitionen in Schulgebäude zuständig sind, finanziell unter die Arme greifen. Geplant ist eine Änderung des Grundgesetzes, das Zuwendungen des Bundes bislang nur in engen Grenzen erlaubt. IMK-Forscherin Katja Rietzler hat sich für eine Anhörung im Haushaltsausschuss des Bundestages mit dem Gesetzentwurf auseinandergesetzt. Nach ihrer Einschätzung sollte die Regierung es nicht bei punktuellen Finanzhilfen belassen, sondern zunächst die regional unterschiedlichen Ausgangsbedingungen angleichen und dann den Investitionsspielraum der Kommunen langfristig ausweiten.

Seit den frühen 2000er-Jahren gebe es einen zunehmenden Rückstand bei den Investitionen in öffentliche Infrastruktur, so Rietzler. Besonders prekär sei die Situation auf kommunaler Ebene: Hier übertreffen die Abschreibungen die Bauinvestitionen seit 2002 um rund 81,6 Milliarden Euro. Besonders betroffen seien Verkehrswege und Schulen. Der Substanzverzehr hat nach 2012 noch einmal zugenommen und beträgt seither zwischen 6,8 und 7,7 Milliarden Euro pro Jahr.

Dabei gibt es der Analyse zufolge erhebliche Unterschiede zwischen den Bundesländern: Die Sachinvestitionen pro Einwohner fallen in Bayern in allen Jahren seit 2011 mehr als doppelt so hoch aus wie in Nordrhein-Westfalen. Noch deutlicher sind die Unterschiede bei den Investitionen in Schulgebäude: 2016 gaben die bayerischen Gemeinden 680 Euro pro Schüler aus, die nordrhein-westfälischen 90 Euro.

Die Diskrepanzen erklären sich laut der IMK-Expertin zu einem großen Teil durch die unterschiedliche Finanzlage der Kommunen. Zur Linderung dieses Problems habe der Bund bereits erste Schritte unternommen: Es gab Entlastungen bei den Sozialausgaben, die Möglichkeiten für direkte Finanzhilfen wurden per Grundgesetzänderung ausgeweitet, ein „Kommunalinvestitionsförderungsfonds“ für die Bildungsinfrastruktur mit einer Gesamtsumme von sieben Milliarden Euro wurde eingerichtet. Das Problem: Die Gemeinden hätten bislang nur einen Bruchteil der Mittel abgerufen, zudem seien nennenswerte Teile auch in vergleichsweise reiche Bundesländer geflossen, die auf die zusätzlichen Gelder eigentlich nicht angewiesen wären, so Rietzler.

Die Ökonomin plädiert für eine „langfristig angelegte dauerhafte Lösung“. Zunächst gelte es, die Ursachen für die regional unterschiedlichen Investitionsmöglichkeiten anzugehen: Der Bund sollte bei den Sozialausgaben seinen Anteil an den Wohnkosten für Hartz-IV-Bezieher ausweiten. Zudem sollte er hochverschuldeten Kommunen einen Teil ihrer Kredite abnehmen und so für „halbwegs gleiche Ausgangsbedingungen“ sorgen.

In einem weiteren Schritt müsste der Bund den Kommunen laut Rietzler dauerhaft zu mehr Mitteln verhelfen. Der derzeitige Rückstand bei den Investitionen habe sich über Jahre entwickelt. Dabei seien, etwa in Bauämtern, Planungskapazitäten abgebaut worden, daher komme die Ausweitung derzeit nur langsam voran. Der Aufbau neuer Kapazitäten lohne sich nur, wenn die Gemeinden mit einer Verstetigung ihrer Investitionen rechnen können. Um ihnen die dafür nötigen Gelder langfristig zu garantieren, empfiehlt die Expertin, den Solidaritätszuschlag in die Einkommenssteuer zu integrieren, statt ihn abzuschaffen. Darüber hinaus bedürfe es zusätzlicher Finanzhilfen für besondere Herausforderungen wie die Digitalisierung von Schulen.

  • Bei den Investitionen in die Bildungsinfrastruktur gibt es erhebliche Unterschiede zwischen den Bundesländern. Zur Grafik

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