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HBS Böckler Impuls

Konjunktur: Den finanzpolitischen Spielraum nutzen

Ausgabe 15/2019

Die Wirtschaftsflaute zieht sich ins Jahr 2020. Doch der private Konsum verhindert vorerst Schlimmeres, wie eine IMK-Analyse zeigt.

Die weltwirtschaftlichen Verwerfungen treffen die exportorientierte deutsche Industrie in diesem und im kommenden Jahr schwer. Lahmende Auslandsnachfrage und eine schwache Dynamik bei den Unternehmensinvestitionen bremsen das Wirtschaftswachstum. Bis ins Jahr 2020 ist kaum mehr als eine Stagnation des Bruttoinlandsprodukts zu erwarten. Gestützt auf spürbare Einkommenszuwächse verhindert aber ein recht robuster privater Konsum – vorerst – einen wirtschaftlichen Einbruch. Die deutsche Wirtschaft wird 2019 und 2020 schwach wachsen, das Bruttoinlandsprodukt nimmt im Jahresdurchschnitt um 0,4 und um 0,7 Prozent zu, wobei im kommenden Jahr die größere Zahl an Arbeitstagen eine wichtige Rolle für das etwas höhere Wirtschaftswachstum spielt. Allerdings kommt der Beschäftigungsaufbau im Jahresverlauf 2020 zum Erliegen, die Arbeitslosenquote steigt von 5,0 im Jahresdurchschnitt 2019 auf 5,2 Prozent im folgenden Jahr. Dann sind voraussichtlich knapp 2,4 Millionen Menschen ohne Job. Zu diesen Ergebnissen kommt das IMK in seiner jüngsten Konjunkturprognose. 

Gegenüber ihren Vorhersagen vom Juni senken die Wissenschaftler die Wachstumserwartung für 2019 um 0,6 Prozentpunkte und für 2020 um 0,9 Prozentpunkte. Zentrale Faktoren für die Eintrübung sind die von den USA ausgelösten Handelskonflikte, das verlangsamte Wachstum in China, das insbesondere auf den weltweiten Automarkt durchschlägt, das fortbestehende Risiko eines harten Brexits sowie wachsende geopolitische Spannungen. Hinzu kommen mögliche Verzögerungen bei deutschen Autobauern während der Umstellung auf neue Abgasmessverfahren in den kommenden Monaten. 

„Bislang bewahrt die private Nachfrage die Wirtschaft noch vor einer echten, tiefen Krise“, sagt IMK-Direktor Sebastian Dullien. „Wenn die Löhne und der Konsum derzeit so schwach zulegen würden wie in den 2000er-Jahren, wären wir schon seit einiger Zeit wieder in einer Rezession.“ 

Die Europäische Zentralbank (EZB) tue mit ihrer erneut gelockerten Geldpolitik was sie könne, während die meisten EU-Länder fiskalpolitisch zu wenig für eine Stabilisierung unternähmen, betonen die Forscher des IMK in ihrer Analyse. So setze beispielsweise die Bundesregierung in diesem Jahr zwar einen positiven fiskalischen Impuls. Dieser sei allerdings immer noch zu gering und halbiere sich 2020 schon wieder. Dabei habe gerade Deutschland erheblichen finanziellen Spielraum: Das IMK rechnet trotz des abgeschwächten Wachstums mit einem gesamtstaatlichen Haushaltsüberschuss von knapp 48 Milliarden Euro in diesem Jahr und immerhin gut 25 Milliarden Euro 2020. Zudem könne sich der deutsche Staat „gegenwärtig zu Negativzinsen verschulden, und das bei beliebiger Laufzeit.“ 

Wenn die Politik die EZB weiterhin weitgehend allein lässt, wirke sich das doppelt negativ aus, warnen die Experten: „Die langanhaltende Niedrigzinsphase birgt Risiken für die Finanzstabilität und wirkt deutlich indirekter stabilisierend als es die Finanzpolitik könnte. Staatliche Investitionen könnten die Konjunktur stabilisieren und sind zugleich dringend erforderlich, um den Strukturwandel hin zur Klimaneutralität zu bewältigen und die teilweise stark veraltete Infrastruktur zu modernisieren“, so die IMK-Analyse.

  • Bislang bewahrt die private Nachfrage die Wirtschaft noch vor Schlimmerem. Zur Grafik

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