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HBS Böckler Impuls

Europa: Dem Aufschwung fehlt die Kraft

Ausgabe 19/2015

Jüngere Wirtschaftsdaten erwecken den Eindruck, Europa sei auf dem Wege der Besserung. Doch die Krise ist nicht ausgestanden.

Die große Krise ist nicht vorbei. Zu diesem Ergebnis kommen das IMK, das Pariser Observatoire Francais des Conjonctures Economiques, der Economic Council of the Labour Movement in Kopenhagen und die Arbeiterkammer Wien im vierten Independent Annual Growth Survey, der eine Alternative zum gerade erschienenen Annual Growth Survey der EU-Kommission darstelllt. Auch wenn der Trend zu positiven Wachstumsraten und Leistungsbilanzüberschüssen gehe, heiße das noch lange nicht, dass der Euroraum wirtschaftlich gesunde. Vielmehr drohe eine Phase der Stagnation mit anhaltend hoher Arbeitslosigkeit. Die Lage könne jederzeit kippen und Europa in eine deflationäre Abwärtsspirale stürzen. Denn anders als in den USA oder Großbritannien fehle dem Aufschwung die Kraft.

Das hat, so die Analyse, vor allem mit dem wirtschaftspolitischen Umfeld zu tun: Während Amerikaner und Briten höhere Inflation, defizitäre Leistungsbilanzen und schneller steigende Staatsschulden duldeten, hielten sich die Euroländer lange an konservative Kaufmannstugenden. Resultat: niedrigere und aktuell weiter rückläufige Investitionen, weniger Wachstum, höhere Erwerbslosenquoten.

Der „viel zu langsame Abbau der Arbeitslosigkeit“ – beim jetzigen Tempo würde die Quote erst 2022 wieder auf den Stand von 2007 fallen – werde tiefe Narben hinterlassen, fürchten die Wirtschaftsforscher. Fast jeder vierte Erwerbswillige und -fähige im Euroraum ist heute arbeitslos gemeldet, unterbeschäftigt oder hat entmutigt die aktive Jobsuche eingestellt. Ohne Politikwechsel sehen die Forscher eine Verfestigung der Langzeitarbeitslosigkeit, schlechtere Arbeitsbedingungen und Löhne, weiter nachlassende Investitionen und einen schrumpfenden volkswirtschaftlichen Kapitalstock voraus. Mehr Armut und eine perspektivlose Jugend schmälerten langfristig das produktive Potenzial vor allem in Südeuropa.

  • Fast jeder Vierte im Euroraum ist arbeitslos gemeldet, unterbeschäftigt oder hat entmutigt die aktive Jobsuche eingestellt. Grafik als CSV herunterladen Zur Grafik

IMK, OFCE, ECLM, AK Wien: Give Recovery a Chance (pdf), November 2015

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