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HBS Böckler Impuls

Gender: Chefetagen bleiben männlich dominiert

Ausgabe 04/2012

Ein Drittel der 160 Unternehmen in den DAX-Indizes der Deutschen Börse hat keine einzige Frau in seinen Führungsgremien – weder im Vorstand noch im Aufsichtsrat.

nfang März will Viviane Reding, Vizepräsidentin der EU-Kommission, ihre Analyse zu Frauen in Führungspositionen europäischer Top-Firmen vorlegen. Die Kommissarin hat bereits eine Quotenregelung angekündigt, sollte sie mit dem Ergebnis nicht zufrieden sein. Fakt ist: In den Vorständen und Aufsichtsräten der Unternehmen in den deutschen Börsenindizes DAX, M-, Tec- und S-DAX sind Frauen noch immer deutlich unterrepräsentiert.

Zwar hat sich ihr Anteil 2011 leicht erhöht: In deutschen Vorständen um 0,3 Prozentpunkte auf jetzt 3,4 Prozent, in den Aufsichtsgremien um 2,7 Prozentpunkte auf 12,7 Prozent. Dies zeigt eine aktuelle Auswertung von Marion Weckes, Mitbestimmungsexpertin in der Hans-Böckler-Stiftung.* Elf Jahre nach der Selbstverpflichtungserklärung der deutschen Wirtschaft, den Frauenanteil in Führungspositionen zu erhöhen, und drei Jahre nach der Aufnahme der Forderung nach mehr Vielfalt in den Corporate Governance Kodex sei dies dennoch „ein ernüchterndes Ergebnis“.

Der Druck auf börsennotierte Unternehmen, Frauen in Aufsichtsräte und Vorstände zu berufen, zeige zwar Wirkung, aber doch nur langsam. Innerhalb eines Jahres ist die Zahl der Firmen mit rein männlichen Führungsetagen von 78 auf 56 gesunken. Insgesamt 10 Unternehmen haben sogar 20 oder mehr Prozent Frauen in ihren Führungsgremien.
„Bleiben die Arbeitnehmervertreterinnen im Aufsichtsrat unberücksichtigt, wird noch deutlicher, dass Frauen in den Kontrollgremien dramatisch unterrepräsentiert sind“, betont Weckes. Auf Anteilseignerseite beträgt der Frauenanteil derzeit durchschnittlich 7,8 Prozent. Die Arbeitnehmerbank hingegen bringt es auf 20,6 Prozent Frauen.

Insgesamt fällt Deutschland immer weiter zurück, weil in europäischen Nachbarstaaten gesetzliche Mindestquoten für deutlich mehr Frauen in den Führungsetagen sorgen. Auf eine verbindliche Regelung setzt auch Weckes. Denn: „Ohne konkrete Vorgaben wird sich weiterhin kaum etwas bewegen.“ Dabei hat jüngst eine Studie des Karlsruher Instituts für Technologie zusammen mit der Universität Göttingen einen positiven Zusammenhang zwischen Frauen in Aufsichtsräten und dem wirtschaftlichen Erfolg von Unternehmen ermittelt: Wenn Frauen im Aufsichtsrat sind, wirkt sich dies positiv auf wirtschaftliche Kennzahlen wie die Gesamt- oder die Eigenkapitalrendite aus – zumindest in Firmen im Endkundengeschäft oder mit hohem Frauenanteil in der Belegschaft.

  • Der Druck auf börsennotierte Unternehmen, Frauen in Aufsichtsräte und Vorstände zu berufen, zeigt langsam Wirkung. Zur Grafik

Marion Weckes: Geschlechterverteilung in Vorständen und Aufsichtsräten, Hans-Böckler-Stiftung, im Erscheinen.

Hagen Lindstädt, Michael Wolff, Kerstin Fehre: Frauen in Führungspositionen – Auswirkungen auf den Unternehmenserfolg (pdf), Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, August 2011.

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