zurück
HBS Böckler Impuls

Arbeitswelt: Bezahlt nach Gewicht

Ausgabe 11/2014

Übergewichtige Arbeitnehmerinnen verdienen schlechter als schlanke. Bei Männern ist es umgekehrt.

Um festzustellen, dass eher magere Menschen Karriere als Model oder Schauspieler machen, reicht ein Blick ins Fernsehprogramm. Ob es generell einen Zusammenhang zwischen Leibesumfang und den Chancen am Arbeitsmarkt gibt, haben Marco Caliendo von der Universität Potsdam und Markus Gehrsitz von der City University New York untersucht. Das Ergebnis: Schlanke Frauen haben beruflich bessere Karten. Bei Männern wirkt sich dagegen Untergewicht negativ aus.

Caliendo und Gehrsitz haben Daten des Sozio-oekonomischen Panels von etwa 8.800 Männern und 9.200 Frauen ausgewertet. Für jeden Befragten haben sie den sogenannten Body-Mass-Index (BMI) ermittelt, der das Gewicht zur quadrierten Körpergröße ins Verhältnis setzt. Menschen mit einem BMI zwischen 20 und 25 gelten als normalgewichtig, ab 25 beginnt Übergewicht, ab 30 Fettleibigkeit. Etwa 60 Prozent der Männer und ein Drittel der Frauen in der Stichprobe waren demnach übergewichtig oder fettleibig.

Die beruflichen Auswirkungen variieren zwischen den Geschlechtern: Die Löhne von Frauen sind am höchsten bei einem BMI von 21,5, also weit unterhalb der Schwelle zum Übergewicht, danach geht es bergab. Die Forscher schließen daraus, dass für die Lohnunterschiede nicht medizinische Aspekte, sondern Schönheitsideale ausschlaggebend sind – zumal sie aus ihren Ergebnissen den Gesundheitszustand herausgerechnet haben. Ein weiteres Indiz dafür sehen sie darin, dass der Zusammenhang zwischen BMI und Verdienst zwar in Dienstleistungsberufen, nicht aber in der Produktion nachweisbar ist, wo die Interaktion mit Kunden oder Kollegen eine geringere Rolle spielt. Die Größe des Effekts sei keineswegs zu vernachlässigen: Zwischen dem Maximum und dem Bereich, wo die Lohnkurve sich abflacht, klaffe eine Lücke von etwa 12 Prozent. Zudem wirke sich Körpergewicht nicht nur auf das Einkommen, sondern analog auch auf die Wahrscheinlichkeit aus, überhaupt einen Job zu haben.

Männer dagegen verdienen am meisten bei einem BMI, der von 23 bis weit in den übergewichtigen Bereich reicht. Untergewichtige müssen im Vergleich dazu mit einem Lohnabschlag von 7 bis 8 Prozent rechnen. Anders als bei den Frauen beschränkt sich der Effekt auf die Arbeiter. Daher vermuten die Ökonomen, dass der Zusammenhang weniger auf dem Aussehen der Beschäftigten als auf ihrer Muskelmasse beruht. Denn die ist für körperliche Arbeit wichtiger als für Bürojobs. Offenbar, resümieren die Autoren, gebe es einen Schlankheits-Bonus bei Frauen, der auf physischer Attraktivität beruht, und einen Schlankheits-Malus bei Männern, der auf Körperkraft beruht.

Marco Caliendo, Markus Gehrsitz: Obesity and the Labor Market: A Fresh Look at the Weight Penalty (pdf), IZA Discussion Paper Nr. 7947, Februar 2014

Impuls-Beitrag als PDF

Zugehörige Themen

Der Beitrag wurde zu Ihrem Merkzettel hinzugefügt.

Merkzettel öffnen