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HBS Böckler Impuls

Ausbildung: Betriebsrat hilft bei Jobwechsel nach Lehre

Ausgabe 13/2012

Wer direkt nach der Ausbildung den Arbeitgeber wechselt, muss mit einem niedrigeren Einstiegsgehalt rechnen als übernommene Azubis. Die Einbußen fallen geringer aus, wenn der Ausbildungsbetrieb ein großes Unternehmen ist, seinen Lehrlingen eine überdurchschnittliche Vergütung zahlt – und einen Betriebsrat hat.

Den eigenen Fachkräftebedarf zu decken, ist ein wichtiges Ausbildungsmotiv für Betriebe. Doch längst nicht alle Azubis werden übernommen: Mehr als 30 Prozent der deutschen Ausbildungsabsolventen kommen laut Berufsbildungsbericht nach der Lehre bei einem neuen Arbeitgeber unter, schreiben Robert Wagner und Thomas Zwick. Die Forscher von der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität haben untersucht, wie sich ein Betriebswechsel unmittelbar nach der Ausbildung auf den Einstiegslohn auswirkt.

Grundlage ihrer Studie ist ein Datensatz des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung über mehr als 4.000 Absolventen, die innerhalb von 30 Tagen nach ihrer Lehre den Betrieb gewechselt haben. Das Ergebnis: Generell müssen Ausgelernte Lohnabschläge in Kauf nehmen, wenn sie sich bei einem neuen Arbeitgeber bewerben. Glaubwürdige Signale für eine hohe Ausbildungsqualität können allerdings solche Abschläge reduzieren oder gar verhindern.

Das Problem, das mit einem Betriebswechsel verbunden sei, kenne die ökonomische Theorie als adverse Selektion, so Wagner und Zwick. Normalerweise nutzen Firmen demnach die Lehrzeit, um sich ein Bild von den Qualitäten ihrer Azubis zu machen und besonders fähige Arbeitskräfte im Anschluss weiterzubeschäftigen. Über Berufseinsteiger, die sie nicht selbst ausgebildet haben, wissen Unternehmen vergleichsweise wenig. Da Ausbildungsbetriebe in der Regel versuchen, die produktivsten Lehrlinge zu übernehmen, wird Wechslern generell eine geringere Leistungsfähigkeit unterstellt. Entsprechend zahlen Arbeitgeber ihnen der Theorie zufolge pauschal weniger Lohn – obwohl es auch viele hochproduktive Absolventen gibt, die freiwillig ihren Ausbildungsbetrieb verlassen.

Tatsächlich zeigen die Berechnungen der Wissenschaftler, dass Betriebswechsler niedrigere Einstiegslöhne bekommen als Azubis, die übernommen werden: Der Abschlag beträgt mehr als vier Prozent. Allerdings, schreiben die Autoren, seien deutliche Lohneinbußen durchaus vermeidbar – wenn Arbeitgeber überzeugt sind, dass Bewerber eine hochwertige Ausbildung genossen haben. Exakte Informationen über die Qualität einer Ausbildung stünden den Unternehmen zwar nicht zur Verfügung. Doch nutzten sie bestimmte Merkmale der Ausbildungsbetriebe als Anhaltspunkte.

Ein wichtiges Indiz für hohe Ausbildungsqualität ist nach Wagner und Zwick die Größe des ausbildenden Unternehmens. Großbetriebe hätten eher die Mittel für aufwendige Ausbildungsmaßnahmen. Zudem könnten sie ihre Azubis aus einem vergleichsweise umfangreichen Bewerber-Pool auswählen, weil Schulabsolventen sich besonders für Lehrstellen bei großen und bekannten Unternehmen interessierten. Betriebswechsler, die in Firmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten ausgebildet wurden, erhalten entsprechend signifikant mehr Lohn als diejenigen, deren Ausbildungsbetrieb weniger als 250 Arbeitnehmer hatte.

Darüber hinaus wirkt sich laut Wagner und Zwick die Höhe der Ausbildungsvergütung auf den Einstiegslohn von Betriebswechslern aus. Die Erklärung: Ausbildende Unternehmen, die besonders attraktive Löhne bieten, könnten die besten Bewerber binden.

Schließlich zeigt sich, dass Mitbestimmung eine Rolle spielt: Gab es in ihrem Ausbildungsbetrieb einen Betriebsrat, fällt der Einstiegslohn der Wechsler ebenfalls höher aus. Die Ökonomen führen das darauf zurück, dass Betriebsräte auch die Interessen von Azubis vertreten. Arbeitnehmervertreter betrachteten es als ihre Aufgabe, die Einhaltung von Ausbildungsrichtlinien zu garantieren. Daher sei die Existenz eines Betriebsrats ein Indiz für hohe Ausbildungsstandards – wovon auch Betriebswechsler profitierten.

  • Mehr als 30 Prozent der deutschen Ausbildungsabsolventen wechseln nach der Lehre den Arbeitgeber. Zur Grafik

Robert Wagner, Thomas Zwick: How Acid are Lemons? Adverse Selection and Signalling for Skilled Labour Market Entrants, ZEW Discussion Paper No. 12-014, Februar 2012.

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