Quelle: HBS
Böckler ImpulsFamilienpolitik: Betreuung bringt mehr als Bares
Eine internationale Studie macht deutlich: Gute Betreuungsangebote bringen mehr für das Wohl von Kindern als Kindergeld und höhere Steuerfreibeträge.
Deutschland lässt sich die Förderung von Familien zwar relativ viel kosten, schneidet aber beim internationalen Vergleich zum Wohlbefinden von Kindern trotzdem nur mäßig ab. Einer OECD-Studie zufolge gibt die Bundesrepublik für Schulen, Dienstleistungen und direkte Finanztransfers 10 bis 20 Prozent mehr Geld aus als das Gros der westlichen Industrieländer. Dennoch wächst hierzulande jedes 6. Kind in relativer Armut auf - in Dänemark ist es nur jedes 37. Kind. Im OECD-Schnitt leben 12,4 Prozent der Kinder in Haushalten, die nicht über die Hälfte des nach Personen gewichteten Medianeinkommens verfügen. In Ungarn und der Slowakei sind es keine 11 Prozent, in Deutschland 16,3 Prozent.
Der Bericht nennt einen wesentlichen Grund dafür: Die Bundesrepublik fördert Familien mit Nachwuchs vor allem über Transfers und Steuernachlässe wie dem Kindergeld oder Kinderfreibeträge. Die bringen indes für das Wohl des Nachwuchses nur wenig. In Dänemark und Schweden ist der Anteil direkter Zahlungen an der gesamten staatlichen Kinderförderung nur halb so groß wie in Deutschland, dort gelten aber keine 5 Prozent der Kinder als arm. Nur Luxemburg überweist ähnlich wie Deutschland fast 40 Prozent der öffentlichen Förderung direkt an die Eltern. Die OECD empfiehlt, Transfers stärker auf bedürftige Kinder und deren Familien zu konzentrieren. Vor allem aber sollten Dienstleistungen wie Kinderbetreuungen und Ganztagsschulen ausgebaut werden. Mehr frühkindliche Bildung in öffentlichen Einrichtungen könne soziale Ungleichheit reduzieren.
Forscher des WSI sehen weitere Vorteile: In Ganztagsschulen und öffentlich finanzierten Kindertagesstätten würden zahlreiche neue Arbeitsplätze entstehen. Außerdem erleichtern gute Betreuungsangebote Eltern die berufliche Tätigkeit. Sie profitieren davon stärker als von Steuernachlässen. Derzeit bekommen in Deutschland nur Familien mit Kindern im Alter von drei bis fünf Jahren staatliche Dienstleistungen im Wert von etwa einem Sechstel des mittleren Haushalts-Einkommens, so die OECD. Die öffentlich finanzierte Kinderbetreuung in Frankreich und Finnland kann sich dagegen über eine Dauer von bis zu sechs Jahren erstrecken und ist bis zu einem Drittel des mittleren Haushaltseinkommens wert.
ECD: Doing Better for Children, September 2009
Claudia Bogedan, Alexander Herzog-Stein, Christina Klenner, Claus Schäfer: Vom Schutzschirm zum Bahnbrecher - Anforderungen an die Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik in der Wirtschaftskrise, WSI-Diskussionspapier Nr. 167 (pdf), August 2009